RAINER SCHÄFER RADIKALE WEINE:
Es ist eine kuriose Geschichte, wie der Hamburger Rainer Scholz zum Weinbau gekommen ist: Den promovierten Betriebswirtschaftler verschlug es 2006 nach Strümpelbach ins Remstal. Auf Spaziergängen durch die Weinberge versuchte der stressgeplagte Manager ein wenig abzuschalten.
Auf einer seiner Touren sieht er einen älteren Herrn mit Kofferradio. Die Musik plätschert, entspannt geht der Winzer seiner Arbeit nach. Scholz fasziniert die Ruhe. Er sieht sich da stehen, beim Rebschnitt, in sich versunken.
Kurz entschlossen pachtet er einen kleinen Weinberg, der mit Regent bepflanzt ist, der weit unten in der Hierarchie der roten Reben steht. Aber Scholz widmet sich mit einer Hingabe, die in Württemberg sonst nur der Lemberger oder Spätburgunder erfährt. Er überredet den Winzer Andi Knauß seine sorgfältig selektierten Trauben wie einen Spitzenwein im Barrique-Fass auszubauen. Knauß kommt das alles reichlich merkwürdig vor. Aber als der Wein nach 18 Monaten aus dem Fass kommt, sind beide vom Resultat überwältigt. „Ich hätte nicht gedacht, dass Regent so gut sein kann“, räumt Andi Knauß ein. Mit seinem naiven Eifer hatte Scholz der verkannten Sorte zu ungeahnter Größe verholfen. Unter dem Namen „Parfum der Erde“ erzeugen die beiden seitdem Weine.
Auf die Etiketten werden die Geodaten der Weinberge gedruckt. Ihr Regent wird ausgewiesen mit: 48° 47‘ 18‘‘ north, oo9° 21‘ 53‘‘ east. „Wir wollen unverfälschten Wein erzeugen, der die Scholle nicht verleugnet, aus der er kommt“, sagt Scholz dazu. Der würzige Regent aus dem Jahrgang 2011 mit delikaten Fruchtnoten von Brombeere und Holunder überrascht mit südländischem Charme: Er hat nichts von der pietistischen Strenge des Remstals abbekommen.
■ Regent 2011, Parfum der Erde, 24,90 Euro, Bezug über parfum-der-erde.de
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