Gratulationen aus aller Welt und ein ratloser Erzbischof

IRLAND Nach dem großen Erfolg beim Referendum soll schon im September die erste gleichgeschlechtliche Ehe eingeführt werden. Nur die katholische Kirche hatte die Homo-Ehe vehement bekämpft. Ihre Macht ist auch auf der Grünen Insel schwächer geworden

DUBLIN taz | Der Erzbischof von Dublin, Diarmuid Martin, erkundigte sich am Sonntag beim Vatikan, was man denn nun tun solle. Die Iren hatten am Freitag bei einer Volksabstimmung mit 62 Prozent für die gleichgeschlechtliche Ehe gestimmt. 60,5 Prozent der Wahlberechtigten gaben ihre Stimme ab. Während sämtlich politische Parteien für ein „Ja“ eingetreten waren, lief die katholische Kirche vergeblich Sturm dagegen. Die Antwort des Vatikans auf Martins Frage steht noch aus.

Martin forderte einen „Realitätscheck“ seiner Kirche und fragte, ob diese sich von der Jugend des Landes entfernt habe. Das Referendum habe eine „soziale Revolution“ fortgesetzt, die für die Kirche eine große Herausforderung sei. Die nächste Schlacht steht unmittelbar bevor: Die stellvertretende Premierministerin Joan Burton sagte gestern, ihre Labour Party werde ab sofort dafür kämpfen, dass das Abtreibungsverbot aus der Verfassung gestrichen wird.

Eine Überraschung war das Ergebnis des Referendums nicht, auch wenn sich die kontinental-europäischen Medien über das „erzkatholische Irland“ wundern. Das zeigt lediglich, dass ihr Irland-Bild aus dem vorigen Jahrhundert stammt. Die Grüne Insel ist schon lange nicht mehr erzkatholisch. Seit der Legalisierung der Homosexualität vor 22 Jahren hat sich viel getan, der Einfluss der katholischen Kirche ist wegen der Skandale um Kindesmissbrauch erheblich zurückgegangen.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, der am Sonntagabend den Internationalen Friedenspreis der irischen Grafschaft Tipperary entgegennahm, sprach von einem „wahrhaft historischen Moment“. Er fügte hinzu: „Dieses Ergebnis sendet eine wichtige Botschaft an die ganze Welt: Allen Menschen stehen Menschenrechte und Würde zu, unabhängig davon, wer sie sind oder wen sie lieben.“

Der britische Premierminister David Cameron und US-Vizepräsident Joe Biden gratulierten den Iren. Biden twitterte: „Wir begrüßen Irlands Unterstützung für Gleichheit. Love wins.“ Der Schauspieler Russell Crowe schrieb: „Liebes Irland, du bist jetzt noch wunderbarer.“ Sein Kollege Stephen Fry, der seinen Partner Elliott Spencer im Januar in England geheiratet hat, sagte: „Die irische Nation hat gesprochen. Die Worte, die sie gesagt hat, sind Respekt, Würde und vor allem Liebe.“

Irland ist das erste Land der Welt, das die gleichgeschlechtliche Ehe in der Verfassung festgeschrieben hat. Noch in dieser Woche will die Regierung das entsprechende Gesetz formulieren, so dass es noch vor der Sommerpause verabschiedet werden kann. Die ersten gleichgeschlechtlichen Ehen könnten dann im September geschlossen werden. RALF SOTSCHECK