LEERE UMKLEIDEKABINEN
: Unten und oben

Bevor ich mich verbastle, schalte ich Google lieber ab

Ich google was, statt konzentriert zu tippen und schreiben. Schuld daran ist das Yogastudio, in dem ich gerade war, genauer gesagt: das Herrenklo da, das dreckige. Am liebsten wär ich zum Damenklo gewechselt, aber das tat ich dann doch nicht, weil ich zuvor in der Herrenumkleide war und von da direkt aufs Damenklo – nee, das gibt Ärger, zumindest blöd gucken. Blöd gucken gibt’s auch, wenn ich von vornherein in der Damenumkleide bin, zwar nicht von allen und auch nur sekundenlang, aber das reicht vollkommen, dass ich mich fremd fühle, und fremd fühlen will ich mich nicht. Ich will mich einfach nur umziehen.

„Hmm“, denke ich also und tippe „geschlechtsneutrale Umkleide Berlin“ ein. „Hmm“, sagt auch Google und spuckt Ergebnisse über Schulsport in Schweden aus, dazu Berichte über Berliner Unisexklos, aber sonst nichts wirklich Brauchbares.

„Hmm“, mache ich noch mal, und dann fällt mir „oben“ und „unten“ ein. So heißen die Umkleidekabinen bei meinem Qi-Gong-Kurs: „oben“ und „unten“ statt „Damen“ und „Herren“. Drei Jahre lang war ich immer nur oben, bevor mir mal auffiel, dass es doch nicht so geschlechtsneutral ist: Oben waren immer nur Herren. Herren oben, Damen unten, warum auch immer, steht ja nirgendwo dran. Aber seit Kurzem gehe ich selbst dann doch runter, nicht um biologisch zu passen, sondern weil’s ’nen neuen Kurs gibt nach meinem, ’nen Kurs voller Herren. Oben ist mir jetzt einfach zu voll. Vielleicht löst das das Problem, „leer“ statt „geschlechtsneutral“. Ich tippe „leere Umkleide Berlin“ ein, aber auch da kommt nichts Gescheites raus. Und bevor ich noch ewig weiter mache, schalte ich das Internet ab und tippe lieber am Buch. Schließlich geht’s in dem um genau das: Um oben und unten und Damen und Herren, und endlich mal fertig werden soll es, das Ding. Wird auch besser als Google, versprochen.

JOEY JUSCHKA