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Bremen ohne Kopf

VERANTWORTUNGs-LOS

Nach dem Stichtag 10. Mai fing die Wahl in Bremen an, so richtig spannend zu werden: Wie von der taz prognostiziert, schwankten Zahlen und Hochrechnungen bis Mittwoch heftig. Verstärkt wurde das, weil ganz unerwartet auch die Stromversorgung im Auszählungszentrum schwankte, und, entgegen aller Umfragen, auch die Regierungsmehrheit. Bei den Angaben über die Wahlbeteiligung war indes nur lange nicht klar, ob sie über oder unter der Hälfte lag: 50,1 Prozent, so viele sollen es dann doch gewesen sein. So hatte es auch am Wahlabend schon geheißen.

Das ist relevant, denn die magische 50-Prozent-Schwelle soll, ohne dass er es offiziell bestätigt hätte, den Ausschlag gegeben haben für Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD), seinen Verzicht zu erklären. Schon am Wahlabend kursierte das Gerücht. Und während sich in der Nacht zu Montag die rot-grüne Sitz-Mehrheit von 44 zu 39 verfestigt hatte, war der Wert bei der Wahlbeteiligung auf 49 und ein paar Zerquetschte gefallen. Und stehengeblieben. Mittags gab Böhrnsen dann bekannt, nicht mehr wieder anzutreten zur Wahl zum Bürgermeister. Damit übernehme er „Verantwortung für das enttäuschende Wahlergebnis für meine Partei“, sodass diese „durch eine personelle und inhaltliche Neuaufstellung“ das nächste Mal „ein besseres Ergebnis“ einfahren könne: Die SPD wurde mit nur 32,83 Prozent stärkste Kraft in Bremen.

Hoffentlich fühlen sich jetzt diejenigen WählerInnen durch Böhrnsens Flucht in die Verantwortung nicht verscheißert, die mit fünf Kreuzchen die SPD-Parole „Am 10. Mai – Jens Böhrnsen wählen“ wahr machten: Auf ihn entfielen 93.903 Stimmen, gut die Hälfte der Personenstimmen der SPD. Die sucht nun hektisch einen Neuen und fragt sich, ob sie sich nach dem Verlust ihres Listenkopfs nicht auch ihrer wahlkämpferischen Koalitionsaussage zugunsten von Rot-Grün schnell auch noch entledigen sollte, um – fair geht vor – auch die rund 14.000 WählerInnen zu foppen, die in ihren Stimmheften genau diesen Mix angekreuzt haben.

Böhrnsen selbst erspart sich durch sein Opfer das weitere Ringen um die Fortsetzung des Konsolidierungskurses und die mühseligen Bund-Länder-Verhandlungen um den neuen Finanzausgleich. Die stehen derzeit in Berlin auf der Agenda. Im Herbst sollen sie abgeschlossen sein – und von ihnen hängt ab, wie sich das Ländchen an der Weser finanztechnisch und strukturell neu aufstellen kann, um zu überleben. Auch dafür hätte man Verantwortung übernehmen können. Böhrnsen war die Sozialdemokratie wichtiger.  BES

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