Tabletten auch wieder unfreiwillig

STRAFVOLLZUG Niedersachsen erlaubt Zwangsmedikation psychisch Kranker

Mit einer Gesetzesänderung hat Niedersachsen die Zwangsbehandlung psychisch kranker Straftäter wieder möglich gemacht, die im Maßregelvollzug untergebracht sind. Die Abgeordneten im Landtag stimmten gestern einstimmig dafür, gefährliche Patienten auch gegen deren Willen mit Medikamenten zu behandeln.

Die Gesetzesanpassung war durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts 2011 nötig geworden war. Das Gericht hatte die Zwangsbehandlung seinerzeit als schweren Eingriff in die Grundrechte bezeichnet und dafür enge, festgelegte Voraussetzungen verlangt. Das niedersächsische Gesetz legt nun fest, dass eine Behandlung durch die Anstaltsleitung angeordnet und von einem Arzt überwacht werden muss. Alle sechs Monate muss so eine Anordnung außerdem überprüft werden. In der Novelle ebenfalls geregelt wurde die Nutzung von Handys und Internet durch die Patienten sowie Bedingungen für eine Kameraüberwachung.

Praktiker des Maßregelvollzugs hatten auf die Wiedereinführung der Zwangsbehandlung gepocht, da nach deren Verbot die Zahl schwerer Angriffe auf das Personal in Niedersachsen stark gestiegen war.

Im Maßregelvollzug in Niedersachsen sind rund 1.300 psychisch oder suchtkranke Menschen untergebracht, die schwere Straftaten verübt haben. Weil sie nur als eingeschränkt oder gar nicht schuldfähig eingestuft wurden, kommen sie nicht ins Gefängnis. In etwa 20 Fällen pro Jahr kam es in der Vergangenheit zur Zwangsbehandlung.  (dpa)