Wie rechts darf es denn sein? Die AfD zerlegt sich selbst

MACHTKAMPF Parteichef Lucke will Entscheidung erzwingen: „Grundvorstellungen unvereinbar“

„Ich bin nicht sicher, dass die AfD so fortbestehen wird“

BERND LUCKE, AFD-CHEF

BERLIN taz | Bernd Lucke, Chef der Alternative für Deutschland (AfD), verlangt von seiner Partei eine klare Entscheidung über deren Grundausrichtung. Dabei scheint er den Bruch mit den radikalen Kräften in der AfD für unvermeidbar zu halten. „Ich glaube nicht, dass Appelle zur Geschlossenheit hier weiterhelfen. Die Grundvorstellungen dieser beiden Gruppen sind unvereinbar“, schreibt Lucke in einer Mail, die am Montag an alle AfD-Mitglieder versendet wurde. „Wir haben den Streit, und er muss entschieden werden.“

Damit geht der Machtkampf in der AfD in eine neue, vielleicht entscheidende Runde. Seit Wochen tobt der Streit zwischen Lucke, der dem wirtschaftsliberalen Flügel der AfD angehört, und jenen, die – zumindest in manchen Fragen – weiter rechts stehen, darunter die Sächsin Frauke Petry, Alexander Gauland aus Brandenburg und NRW-Landeschef Marcus Pretzell.

Die Auseinandersetzung gipfelte am Sonntagabend in dem Gerücht, Lucke wolle eine neue Partei gründen. „An diesem Gerücht ist lediglich wahr, dass ich mir große Sorgen um die AfD mache“, schreibt Lucke dazu in seiner Mail. Es gebe Kräfte in der Partei, die „eine andere, radikalere AfD“ wollen, so Lucke weiter. Antikapitalistische, deutschnationale und antiislamische Kräfte hätten dem Ansehen der AfD stark geschadet. Sie seien auch ein Grund dafür, dass sich potenzielle AfD-Wähler in Hamburg und Bremen wieder der FDP zugewandt hätten. „Ich bin nicht sicher, dass die AfD in der Form, in der wir sie 2013 gegründet haben, fortbestehen wird“, so Lucke.

Auch Petry, die Luckes Kovorsitzende und seine wichtigste Gegenspielerin ist, schließt ein Auseinanderbrechen der Partei nicht aus. „Letztlich kann man nur auf Grundlage von Inhalten sich verständigen, ob man gemeinsam geht oder nicht. Das müssen wir schleunigst machen“, sagte sie dem MDR. Etwas schärfer äußert sich NRW-Landeschef Pretzell: „Eine Entscheidung kann nur ein Parteitag gemeinsam herbeiführen“, sagte der NRW-Landeschef der taz. „Wer versucht, eine Vorentscheidung herbeizuführen, riskiert die Spaltung.“

Die AfD will auf ihrem Bundesparteitag Mitte Juni in Kassel eine neue Führung wählen. Die jetzige Dreierkonstellation soll im Dezember von einem einzelnen Vorsitzenden abgelöst werden. Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass Petry dort gegen Lucke antreten könne, was sie bislang dementiert. Derzeit versuchen Luckes Gegner über die Delegiertenlisten der einzelnen Landesverbände, dessen Mehrheit zu verhindern – und es könnte in der Tat knapp für ihn werden. Lucke will sich am Montag auf einer Pressekonferenz zur innerparteilichen Lage der AfD äußern. SABINE AM ORDE