Gibt es gute und schlechte Streiks?

ARBEITSKAMPF Wieder ein Lokführerstreik, und die Kitas bleiben auch zu. Streiken ist Grundrecht, aber manchmal nur nervig

Die Streitfrage wird vorab online gestellt.

Immer dienstags. Wir wählen eine interessante Antwort aus und drucken sie dann in der taz.am wochenende: www.taz.de/streit oder www.facebook.com/taz.kommune

Redaktion: Katharina Brenner, Elisa Britzelmeier, Tobias Hausdorf, Stefan Simon Fotos: Bulent Gultek/getty images (groß), Die Linke, privat, Simone M. Neumann, Kay Herschelmann

Marlis Tepe

Das Streikrecht ist im Grundgesetz verankert, also legitimes Mittel, damit ArbeitnehmerInnen ihre Interessen gegen Arbeitgeber durchsetzen können. Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, 38-Stunden-Woche, bessere Bezahlung: Alles in Streiks erkämpft! Und das war gut so! Wir rufen ErzieherInnen zum Streik auf, weil die Arbeitgeber kein Angebot zur Aufwertung vorgelegt haben, obwohl Eltern und Politik sich einig sind, dass der Frauenberuf besser bezahlt werden muss.

Marlis Tepe, 61, ist Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft

Reiner Hoffmann

Es gibt keine guten oder schlechten Streiks. Der Arbeitskampf ist durch Artikel 9 des Grundgesetzes geschützt und ein wichtiges Instrument, Forderungen von Arbeitnehmern durchzusetzen.

Reiner Hoffmann, 59, ist seit 2014 Bundesvorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes

Christian Koller

Ein Streik ist so gut oder schlecht wie die erhobenen Forderungen und die Verhältnismäßigkeit der angewandten Mittel. Seine Erfolgsaussichten hängen von der Zermürbung der Arbeitgeberseite und von der öffentlichen Meinung ab. Insofern gibt es nicht nur gute und weniger gute, sondern auch gut und weniger gut terminierte und kommunizierte Streiks.

43, ist Historiker und Streikforscher an der Universität Zürich

Gregor Gysi

Das Streikrecht ist ein Grundrecht und das zentrale Mittel der Beschäftigten, für deren Interessen zu kämpfen. Streiks müssen spürbar sein, sonst sind sie wirkungslos. Dass es auch viele Unbeteiligte treffen kann, ist leider mitunter nicht zu vermeiden. Bei den aktuellen Streiks geht es um Staatsunternehmen, um die öffentliche Daseinsvorsorge. Der Schlüssel zur Lösung liegt also in der Politik.

67, ist seit 2005 Fraktionsvorsitzender der Linkspartei im Deutschen Bundestag

Sarah Lacht

All you need is Solidarität. Wem der Schuh besonders drückt, sollte sich überlegen, dass Arbeitskampf nicht nur Grundrecht und wichtiger Teil einer Demokratie ist. Der Streik wäre schneller vorbei, wenn die Empörung sich direkt an den undemokratischen Quasi-Monopolisten DB wenden würde. Warum nicht einen netten Brief schreiben?

Sarah Lacht hat die Streitfrage auf Facebook beantwortet