LESERINNENBRIEFE
:

Geheimdienste und Demokratie

■ betr.: „Tiefer Staat?“, taz vom 2. 5. 15

Rolf Gössner hat es auf den Punkt gebracht: Geheimdienste und Demokratie sind unvereinbar. Seit der „NSA-Affäre“ 2013 mit Edward Snowden sind die BürgerInnen über die Verstrickungen der verschiedenen Geheimdienste ja bereits informiert und mussten dann erleben, dass die deutsche Regierung zwar Aufklärung gelobte, aber keine Informationen preisgab; und wenn, dann nur verschlüsselt. Unvergessen die Auftritte des Pressesprechers Steffen Seibert und von Roland Pofalla, der kurzerhand die Angelegenheit für „beendet“ erklärte.

Nach den neuerlichen Erkenntnissen wusste das Kanzleramt nicht nur über die geheimdienstlichen Verbindungen, sondern wohl auch über deren Ausmaß Bescheid. Daher wohl auch die generelle Vertuschung der Angelegenheit, denn schließlich gibt es seit 1983 in Deutschland das „Recht auf informationelle Selbstbestimmung“, wodurch die BürgerInnen vor Ausspionierung geschützt sein sollten. Da fügt sich die geplante erneute Vorratsdatenspeicherung, die bereits von den Gerichten für verfassungswidrig erklärt worden war, nahtlos in das Szenario ein; denn wer weiß, wer da schließlich alles darauf zugreifen kann. HELGA SCHNEIDER-LUDORFF, Oberursel

Einen Versuch wäre es wert

■ betr.: „Penis, Penis, Penis“ u. a., taz vom 2. 5. 15

Das gern angeführte „Argument“ „Ich habe nichts zu verbergen“ ist nur ein anderer Ausdruck für „Nee, auf das Thema hab ich grad keine Lust. Außerdem grillen wir heute“. Der eine Teil unserer Gesellschaft ist zu fettgefressen und satt, zappt sich von einer Soap zur nächsten und der andere Teil ist ausgelaugt vom dritten 400-Euro-Job und der gefährdeten Versetzung des Sprösslings. Doch das ist genau das, was unserer Helikopter-Eltern-Regierung in die offenen Hände spielt; nicht umsonst wird Frau Merkel zärtlich-spöttisch „Mutti“ genannt. Möglicherweise würde ja eine Art „Penis“ Aktion, wie in Frau Gaus Artikel angeführt, für ein größeres Erwachen sorgen; einen Versuch wäre es jedenfalls wert.

Danke für die Artikel von Bettina Gaus und Rolf Gössner. Und auch Danke dafür, dass das taz-Team bohrt und nachfragt.SIBYLLA M. NACHBAUER, Erlangen

Willy Brandt ist zurückgetreten

■ betr.: „Gegen das Eigenleben der Dienste“, taz vom 4. 5. 15

Die BND-Affäre lässt mich an den letzten bekannt gewordenen Spionagefall im Kanzleramt denken. Damals, im Mai 1974, ist Willy Brandt zurückgetreten. Anders als die heutigen Akteure war Brandt allerdings Opfer und kein Täter. In diesem Skandal wird wohl allenfalls ein Beamter in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden. KLAUS TEICHERT, Berlin

Schmollender Maut-Minister

■ betr.: „Sieben Tage Streik bei der Deutschen Bahn“, taz v. 4. 5. 15

Nun haben wir endlich den längsten Bahn-Streik der Geschichte! Eine Superlative, auf die wir gern verzichtet hätten. Doch auch wenn ein Streik immer Ärger und Unannehmlichkeiten mit sich bringt, sollte man nicht vergessen, dass dazu immer zwei Seiten gehören.

Statt sich nur auf die GDL und Herrn Weselsky mit Hasstiraden zu stürzen, sollte man auch den Vorstand der Deutschen Bahn in die Verantwortung für diesen Streik einbeziehen. Verkehrsminister Dobrindt beispielsweise täte gut daran, wenn er beide Seiten zu Verhandlungen und Gesprächen an einen Tisch bitten würde. Stattdessen verharrt er in der Rolle des schmollenden Maut-Ministers, der ab und zu einseitig unqualifizierte Äußerungen über die GDL herauslässt!

Ich wünsche jedenfalls Herrn Weselsky für seinen Streik viel Erfolg und hoffe, dass er seiner Vorreiterrolle für viele folgende Arbeitskämpfe in anderen Berufsgruppen gerecht wird! Denn diese Streiks sind dringend notwendig. THOMAS HENSCHKE, Berlin

Was soll ein „World Hijab Day“?

■ betr.: „Ohne Kopftuch ist es kalt um die Ohren“, taz vom 24. 4. 15

Was soll ein „World Hijab Day“? Ich finde es entsetzlich, mit einer Religion und deren Ausübung „Solidarität“ zu üben, während im Herrschaftsbereich des Islam (Iran, Saudi Arabien etc.) die Menschenrechte mit Füßen getreten und Frauen (wie Männer), die sich diesem reaktionären Aberglauben nicht unterordnen, mit Gewalt, Inhaftierung und Folter zu rechnen haben (alles nachzulesen bei Amnesty International).

Ich arbeite im Jugendbereich im Ruhrgebiet und muss leider registrieren, wie sich die „islamische Sexualmoral“, die in erster Linie aus Frauen-, Mädchenunterdrückung und Aggressivität gegenüber Homosexuellen besteht, immer stärker durchsetzt. Frauen und Mädchen, die sich nicht dem Islam unterordnen und / oder kein Kopftuch tragen, werden als Schlampen und Hure bezeichnet, was bisweilen, vor allem nach dem Besuch der Koranschule, dazu führt, dass 12- oder 13-jährige Jungen von einer „ungläubigen“ Lehrerin nicht mehr unterrichtet werden wollen. Vor diesem Hintergrund halte ich Solidarität mit Kopftuch tragenden Frauen, die in Deutschland (angeblich) von Diskriminierung betroffen sind für kontraproduktiv. Als viel dringender empfinde ich Solidarität mit Frauen wie Männern, die zu Opfern des Islam wurden und werden.PETER RÜTTGERS, Duisburg