Kein Geschwätz von gestern

PAPIER Die alternative „Leipziger Zeitung“ ist gescheitert – erscheint aber weiter

Die Nachfrage war wirklich nicht überwältigend, aber Moritz Arand versucht es positiv zu sehen. Im März brachten er und knapp zwei Dutzend Kollegen eine alternative Wochenzeitung für Leipzig auf den Markt (taz vom 5. März) – als Test. 5.000 Abos wollte Arand von der Leipziger Zeitung bis Ende April verkaufen. Knapp 1.000 sind es geworden. Arand lässt sich davon aber nicht entmutigen, die Zeitung soll trotzdem bald regelmäßig erscheinen. Man kann das als Trotzreaktion sehen – oder als inkonsequent. Für die publizistische Vielfalt in Leipzig ist es ein gutes Signal.

Die wachsende Universitätsstadt ist medial unterversorgt. Die Leipziger Volkszeitung ist Monopolist, das Monatsmagazin Kreuzer verkauft weniger als 10.000 Hefte. Daneben gibt es den MDR und Blogs, aber keine gedruckte Alternative. Die Leipziger Volksseele verlangt aber danach, glaubt Arand: „Ich habe das Gefühl, dass das Bedürfnis nach einer gedruckten Wochenzeitung groß ist.“

Worauf sein Gefühl gründet, mag er nicht sagen. Nur: „Man soll groß denken.“ Nicht ganz so toll findet er, dass sein Plan nicht aufgeht, sich ausschließlich durch die Leser zu finanzieren. „Es wird Anzeigen geben müssen“, räumt der studierte Philosoph ein. Ob man wie geplant Redakteure fest einstellen kann, muss er noch durchrechnen.

Arand, der sein Geld zuletzt hauptsächlich als Barkeeper und Küchenhelfer verdiente, blickt lieber voraus als zurück: Am heutigen Montag wollen er und das Team verkünden, wann die erste reguläre LZ erscheint. Aus 30 Händlern, die die Zeitung einzeln vertreiben, sollen 80 bis 100 werden. Und überhaupt, die Händler, schiebt Arand nach, die hätten noch gar nicht alle verkauften Einzelexemplare gemeldet. Man werde diese 5.000er-Marke schon irgendwie erreichen. JENS TWIEHAUS