Die Odenwaldschule verkündet ihr Aus

MISSBRAUCHSSKANDAL Das Internat schließt zum Schuljahresende. Das Geld für den weiteren Betrieb fehlt

HEPPENHEIM epd | Nach jahrelanger Hängepartie seit Aufdeckung der Missbrauchsskandale im Jahr 2010 ist die Odenwaldschule an ihr Ende gekommen. Der Trägerverein und das Leitungsteam gaben am Wochenende in Heppenheim das Aus für die Schule bekannt. Das Internat werde Ende des Schuljahres schließen. Die Schule habe es trotz intensivster Bemühungen nicht geschafft, die Finanzierung für die nächsten zwei Schuljahre sicherzustellen. „Wir müssen feststellen, dass die notwendige Finanzierung in Höhe von 2,5 Millionen Euro nicht steht.“

Die Schülerzahl war in den vergangenen Jahren stark auf derzeit 114 zurückgegangen, nachdem die zahlreichen Missbrauchsfälle in früheren Jahrzehnten bekannt wurden und der Umgang der Schule mit den Opfern kritisiert wurde.

Die Schulleitung hatte sich unter dem Druck der Aufsichtsbehörden eine Frist bis zum 30. April zum Nachweis der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gesetzt. Die Behörden könnten keinen weiteren Aufschub gewähren, da das Kindeswohl gewahrt werden müsse, sagte der stellvertretende Landrat des Kreises Bergstraße, Matthias Schimpf (Grüne) dem epd. „Wir müssen handeln“, sagte Schimpf. Die Schüler bräuchten Klarheit, wo sie das nächste Schuljahr verbringen können. Die Behörden würden helfen, neue Schulplätze zu finden. Der Betrieb des laufenden Schuljahrs sei durch die Bürgschaft eines ehemaligen Schülers gesichert.

Nach dem Rückgang der Schülerzahl hat die Hausbank Schimpfs Angaben zufolge keinen Kredit mehr gewährt, auch eine zweite Bank habe abgewinkt. Erst im Februar hatte eine neue Schulleitung die Geschäfte übernommen. „Wir mussten feststellen, wie viel Kredit nicht nur bei Schülern, Eltern und Behörden, sondern wie viel Vertrauen – vor allem auch bei Banken und vielen Ehemaligen – verspielt worden ist“, erklärten der Vorsitzende des Trägervereins, Gerhard Herbert, und der Geschäftsführer Marcus Halfen-Kieper nach der Mitgliederversammlung.

An der Odenwaldschule waren zwischen 1965 und 1998 mindestens 115 Jungen und 17 Mädchen von Lehrern und Mitschülern sexuell missbraucht worden. Die 2010 veröffentlichten Übergriffe wurden lange vertuscht. Danach versprach die Internatsschule Veränderungen. Im Frühjahr 2014 gab es aber neue Vorwürfe gegen einen Lehrer und einen Arzt. Als Folge davon erhöhten die Aufsichtsbehörden den Druck auf die Schule.