Kanzleramt in Erklärungsnot

GEHEIMDIENSTE In der nächsten Runde des NSA-Skandals fordern SPD und Opposition Aufklärung

BERLIN taz | Kanzleramt und Bundesnachrichtendienst (BND) geraten unter Druck: Nach den jüngsten Enthüllungen über die Zusammenarbeit mit dem US-Geheimdienst NSA fordert nicht nur die Opposition Konsequenzen. Auch die SPD-Spitze äußert sich verärgert. Parteivize Thorsten Schäfer-Gümbel sprach am Freitag von einem „Skandal der Sonderklasse“. Das Kanzleramt müsse „jetzt mit höchster Priorität und ohne Ansehen der Person für Aufklärung sorgen“.

Zuvor hatte die Linkspartei BND-Chef Gerhard Schindler zum Rücktritt aufgefordert. „Entweder hat er von nichts gewusst, dann ist er ein schlechter Leiter“, sagte Fraktionschef Gregor Gysi dem Deutschlandfunk. „Oder er hat es gewusst, dann hat er rechtswidrig gehandelt.“ Ähnliches gelte für das Kanzleramt, dessen Aufgabe es sei, den BND zu kontrollieren.

Am Donnerstag war bekannt geworden, dass der BND der NSA womöglich jahrelang half, im großen Stil europäische Politiker und Unternehmen auszuspionieren. Die Amerikaner schickten ihren deutschen Kollegen E-Mail-Adressen und Telefonnummern ihrer Zielpersonen. Der BND überwachte deren Kommunikation und schickte die Daten zurück an die NSA. Als die deutschen Geheimdienstler bemerkten, dass die Praxis illegal sein könnte, sollen sie weder Konsequenzen gezogen noch das Kanzleramt informiert haben.

In einer Presseerklärung wählte die Regierung am Donnerstag ungewohnt klare Worte. Regierungssprecher Steffen Seibert schrieb, das Kanzleramt habe dem BND „unverzüglich Weisung erteilt, Defizite zu beheben“. Fragen nach personellen Konsequenzen und Fehlern des Kanzleramts wehrte Seibert am Freitag ab. Öffentlich habe er der Presseerklärung nichts hinzuzufügen. Über alles weitere werde die Regierung die zuständigen Gremien im Bundestag informieren. TOBIAS SCHULZE