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„Bald nichts mehr wert“

VORTRAG Die Stadt Münster hat beschlossen, Investments aus „schmutzigen“ Fonds abzuziehen

Otto Reiners

■ 52, ist Referatsleiter beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe und Fraktionschef der Grünen im Rat der Stadt Münster.

taz: Herr Reiners, was bedeutet Divestment?

Otto Reiners: Das Gegenteil von Investment: Dem Kapitalmarkt wird kein Geld zugeführt, sondern entzogen – und zwar bei kritischen Geldanlagen wie Waffen, Atomstrom oder fossilen Energien. Wir in Münster sind bundesweit die erste Kommune, die Divestment beschlossen hat.

Mit Unterstützung der SPD?

Ja, erstaunlicherweise. Wir haben mit ihr einen Kooperationsvertrag für den Ausstieg aus „schmutzigen“ Fonds vereinbart und ihn gemeinsam mit den Piraten und der ÖDP durch den Haushalt gewunken.

Um welche Fonds handelt es sich?

Es gibt einen von der Deka, in der beispielsweise RWE-Aktien drin sind und den Westfälischen-Versorgungsrücklage-Fonds (WVR), an dem die Stadt Münster gemeinsam mit sechs weiteren Kommunen Anteile hält. Auch da sind Aktien von multinationalen Energieversorgern drin.

In den Fonds sind unter anderem Pensionslasten abgedeckt – wie gleichen Sie das aus?

Erst einmal ist nur das Ob entschieden, beim Wie haben wir uns noch nicht festgelegt. Diese Aktien sind möglicherweise ohnehin bald nichts mehr wert, denn es kann, ähnlich wie bei der Immobilienblase in den USA, zu einer CO2-Blase kommen: Energiekonzerne rechnen nach wie vor damit, Kohle oder Öl vollständig ausbeuten zu können. Das führt zu einer Überbewertung. Abgesehen davon haben wir einen sehr guten Kämmerer.

Inwiefern?

Unsere Vermögensverwaltung ist letztes Jahr zur „Elite der kommunalen Vermögensverwalter“ gekürt worden und will jetzt erreichen, dass nicht nur Münster, sondern auch die anderen sechs Kommunen ihre WVR-Fonds kündigen. Sollte das nicht gelingen, machen wir das halt alleine.

Könnte Bremen diesen Weg ebenfalls einschlagen?

Da muss man erst einmal gucken, ob die gleichen Voraussetzungen da sind wie in NRW. Dort haben wir seit 2012 die Möglichkeit, frei darüber zu entscheiden, in welche Fonds wir investieren. Prüfen sollte Bremen das auf jeden Fall.  INTERVIEW: SCHN

19 Uhr, Bürgerhaus Weserterrassen

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