Müsli im Club

PARTY Es gibt viele Möglichkeiten, um in den Tag zu starten. Beim Morning Gloryville-Rave treffen sich Frühaufsteher auf der Tanzfläche

Am Mittwochmorgen um 6.30 Uhr ist die Schlange vor dem Club auf dem RAW-Gelände lang. Von Nachtgespenstern, die nach einer langen Party einen Ort zum Weitertanzen suchen, jedoch keine Spur. Stattdessen haben sich viele frisch geduschte Besucher in Leggings mit Tiermustern und Jogginghosen geworfen und Glitzer aufgetragen. Ob sie so herausgeputzt später noch zur Arbeit gehen werden?

„Rave your way into the day“ – lautet das Motto der morgendlichen Partyreihe Morning Gloryville, die seit Dezember monatlich im Club Neue Heimat stattfindet. Weil die Fangemeinde wächst, suchen die Veranstalter derzeit nach einer größeren Location, über 5.400 Likes verbucht die Facebookseite. Eine alkohol- und drogenfreie Party am Morgen – das klingt nicht für jedermann nach sonderlich viel Spaß. Doch für viele Gäste hier ist die Veranstaltung genau das Richtige. So wie für Zara: „Die meisten Clubs hängen mir zum Hals raus“, sagt sie, die „leidenschaftlich gern“ tanzt. „Ich habe nicht immer Bock auf die Druffis“, sie meint Menschen, die auf einem Drogentrip sind. Mit dieser Meinung ist sie nicht allein. Auch Mitveranstalterin Marta Cornellana im gemusterten Overall liebt es, „Party ohne Alkohol und Drogen zu machen, um in den Tag zu starten“. „Tanzen, tanzen, tanzen“ sei das Erfolgsrezept ihrer Partyreihe, sagt sie, „außerdem Musik, Yoga und Kaffee“, die 37-Jährige verschwindet auf die Tanzfläche.

Giraffe und Staubwedel

Aus der Nachbarhalle dröhnen die Beats von Techno-DJ Wolfgang Lohr. Durch die Fenster der Halle, die mit bunten Lichtern, Lampions und Girlanden ziemlich trashig dekoriert ist, fallen die ersten Sonnenstrahlen des Tages – mitten auf die tanzenden Sonnenbrillenträger. Zwei Mittdreißiger hopsen mit einer großen Plüschgiraffe über das Pakett. In der Mitte des Raumes schwenkt ein Mann mit schwarz-rot-goldenen Hotpants und einer Maske einen bunten Staubwedel.

Doch trotz Sonne, guter Laune und Technobeats scheinen einige gähnende Besucher mit der Müdigkeit zu kämpfen. Zeit für einen Drink an der Bar: Es gibt grüne Smoothies, Mate-Tee, Kokosnussmilch, bunte Rainbow Pasta und Tofu-Müsli zu Clubpreisen – die Tasse Kaffee kostet 4 Euro. Wem das noch nicht genügt, der kann den sogenannten Wake-up-Masseur aufsuchen. Bei anderen hat der Morgen-Rave seine Wirkung nicht verfehlt. „Ich bin jetzt gepusht“, sagt Gloria (25), die Musik- und Medienwissenschaften studiert, „gleich geht’s in die Uni und dann zur Arbeit.“ Auch andere Partybesucher wie Melanie, die gerade an ihrer Doktorarbeit schreibt, nutzen die morgendliche Sause, um schwungvoll in den Tag zu starten: „Das ist ein guter Ansporn um aufzustehen“, sagt sie.

Veranstalterin Marta Cornellana, die auch als Journalistin arbeitet, erzählt, dass sie ihre erste Morning-Gloryville-Party in London erlebte. „Dort waren alle Leute so gut drauf“, erinnert sie sich, „das wollte ich auch in Berlin machen.“ Dass die Leute in der Neuen Heimat ziemlich gut drauf sind, ist auch schon dem Türsteher aufgefallen. Fünf Jahre habe er mal in einem Technoclub gearbeitet, erzählt er. „Aber die Leute dort waren nicht so schrill drauf wie die hier am Morgen und das ohne Drogen“.

STEFANIE BAUMEISTER

Morning Gloryville Berlin, einmal im Monat von 6.30 bis 10.30 Uhr Infos: www.facebook.com/morninggloryvilleberlin