Picknick auf dem Vulkan

Seit 2002 ist La Palma Biosphärenreservat. Nachhaltigen Tourismus gibt es auf den Kanarischen Inseln schon länger

Seit etwa 2.000 Jahren sind sie von Menschen besiedelt, „glückliche Inseln“ wurden sie bereits zuvor genannt. Mancherorts wird vermutet, sie seien identisch mit den in der Antike besungenen „Elysischen Gefilden“ am Westrand der damals bekannten Welt, wohin Homer zufolge auserwählte Helden nach ihrem Tod gelangten. Anders als im Hades, so heißt es weiter, behielten sie ihre menschliche Gestalt und konnten ihren früheren Interessen nachgehen – vielleicht gehörte ja das Wandern dazu. Dass die Kanarischen Inseln heutigen Urlaubern mehr zu bieten haben als Bettenburgen und eine phantasielose Katalog-Idee von Lebenslust, das dürfte kein Geheimnis mehr sein.

Ganzjährig locken die vulkanischen Felsen mit mildem Klima, andernorts verschwundener Vegetation und der spektakulären Landschaft – und gebadet werden kann hier und da sogar im europäischen Winter. „Wo kann man sich in Europa noch so fern der Zivilisation fühlen?“, fragt da eine Hamburger Vermittlungsfirma für restaurierte Landhäuser auf La Palma, Teneriffa und El Hierro (www.la-palma-turismo-rural.de). Treffender lässt sich der sympathische Selbstbetrug des alternativen Reisens kaum formulieren. Denn darum geht es ja zumeist: das Gefühl, abseits der Zivilisation zu sein, ohne es tatsächlich zu sein.

Der Natur ein wenig näher als in der heimischen Grossstadt darf sich der Reisende gleichwohl fühlen. Nachdem bereits zuvor einzelne Gegenden entsprechend deklariert worden waren, erlangte im Oktober 2002 die gesamte Insel La Palma den Status eines UNESCO-Biosphärenreservates. Das bedeutet keinen „absoluten“ Naturschutz im Sinne eines Naturschutzgebiets, sondern kann verschiedene Schutz- und Bewirtschaftungsstufen bedeuten. Die hier lebenden und arbeitenden Menschen werden auf Nachhaltigkeit und eine langfristige Koexistenz mit der vermeintlichen Wildnis verpflichtet.

Seit längerem setzt man auf La Palma verstärkt auf einen individualisierten, gleichwohl ökologisch und sozial verträglichen Tourismus. Gefördert durch EU-Agrarprogramme, sieht das Programm „Turismo Rural“ kaum Neubauten vor, sondern setzt gezielt auf den behutsamen Umbau von Land- und Bauernhäusern. Deren Besitzer, größtenteils noch Einheimische, sollen durch die Einnahmequellen aus dem sanften Tourismus die Möglichkeit erhalten, in ihrer Heimat zu bleiben und zum Beispiel die verbreitete Ziegenwirtschaft weiter zu betreiben. Und wer kein Landwirt ist oder sein will, dem bietet die maßvoll vorangetriebene touristische Infrastruktur, so die Theorie, vielleicht ein Auskommen als Verwalter oder ähnliches. Vorbeugen soll das der gerade in massentouristischen Regionen vielfach festzustellenden Landflucht mit all ihren negativen Folgen: der Verödung schöner aber armer Landstriche einerseits, der zersiedelung um die Städte herum andererseits. ALEXANDER DIEHL

www.ecanarias.com, www.ecoturismocanarias.com