Deutsche Düsen kommen bald aus den USA

Amerikanische Investoren kaufen den Triebwerkshersteller MTU von DaimlerChrysler. Die Bundesregierung will solche Deals wegen ihrer militärischer Relevanz verhindern. Doch die Gesetzesänderung ist nicht rechtzeitig fertig geworden

BERLIN taz ■ Eine der wichtigsten Rüstungsfirmen Deutschlands gehört jetzt amerikanischen Finanzinvestoren. Nach monatelangen Verhandlungen hat DaimlerChrysler den Flugzeugtriebwerkshersteller MTU Aero Engines an Kohlberg Kravis Roberts (KKR) verkauft und will sich künftig komplett auf den Autobereich konzentrieren.

Die als „Corporate Raiders“ bekannte KKR, die branchenübergreifend Beteiligungen zur profitablen Verwertung aufkauft, sollen 1,5 Milliarden Euro für MTU bezahlen. Der Aufsichtsrat von Daimler Chrysler und die Kartellbehörden müssen dem Verkauf noch zustimmen.

Das aus den BMW-Flugmotorenwerken hervorgegangene Rüstungsunternehmen begann nach dem Zweiten Weltkrieg ab 1957 wieder mit dem Triebwerksbau (u. a. Starfighter), produziert seit den 70er-Jahren auch für die zivile Luftfahrt und wurde 1985 Teil der damaligen Daimler-Benz AG. MTU hatte 2002 mit gut 8.300 Mitarbeitern einen Umsatz von 2,2 Milliarden Euro erzielt, davon entfiel ein Fünftel auf den Militärbereich.

Der Deal sorgt für Verärgerung bei der Bundesregierung, die seit Jahresanfang versucht, den Verkauf von deutschen Rüstungsunternehmen ins Ausland zu erschweren – die entsprechende Novelle des Außenwirtschaftsgesetzes aber nicht rechtzeitig fertig bekommen hat: „Es ist schade, dass eines der größten Unternehmen in unserem Land sich nicht in der Lage sieht, ein Unternehmen der Spitzentechnologie wie MTU in eigener Verantwortung weiterzuführen“, sagte Wirtschaftsstaatssekretär Ditmar Staffelt (SPD). Er verwies in diesem Zusammenhang auch auf die „umfängliche Unterstützung durch die öffentliche Hand“ für MTU. Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) hatte mehrfach persönlich gefordert, MTU nicht ins Ausland zu verkaufen: „Vielleicht darf man dazu sogar einmal an die patriotische Gesinnung von Unternehmensleitungen appellieren. In den USA wäre das selbstverständlich“, kommentierte Clement im August den Stand der Verkaufsverhandlungen.

Eine Verschärfung des Außenwirtschaftsgesetzes, die der Bundesregierung ein Mitspracherecht bei Veräußerungen von Unternehmen und Knowhow aus „sensiblen Produktionszweigen“ einräumt, soll nun noch im Dezember vom Bundeskabinett verabschiedet werden, sagte ein Ministeriumssprecher der taz. Vom Wirtschaftsministerium nicht zu verantwortenden „Verzögerungen bei der Ressortabstimmung“ hätten die Verspätung verursacht. Zu Details der geplanten Gesetzesänderung wollte der Sprecher keine Stellung nehmen. Aus Ministeriumskreisen hieß es, der MTU-Verkauf wäre aber definitiv unter die Neuregelung gefallen.STEFFEN GRIMBERG