Stasi-Verdacht gegen Linkspartei-Politikerin

Rot-Rot: Aktenfunde belasten die Brandenburger Linke Gerlinde Stobrawa, die alle Ämter ruhen lässt

VON STEFAN REINECKE

BERLIN taz | Die rot-rote Koalition in Potsdam wird von Stasi-Verstrickungen bei der Linkspartei erschüttert. Die Vizepräsidentin des Parlaments Gerlinde Stobrawa lässt alle Funktionen ruhen, offenbar auf Druck der SPD. Stobrawa war von 1987 bis 1989 von der Stasi als IM „Marisa“ geführt worden. Laut Unterlagen der Birthler-Behörde, die der taz vorliegen, hat sie 1988 einen kommunalen Mitarbeiter bespitzelt und über dessen „zweifelhafte politische Grundhaltung“ berichtet. Außerdem halte der Bespitzelte den „Parteisekretär für einen Arsch“ und Parteiversammlungen für „sinnlos“.

Doch der Fall ist etwas komplizierter, als es der erste Blick zeigt. Denn dass Stobrawa, die allgemein anerkannte Verdienste um das deutsch-polnische Verhältnis hat, als IM „Marisa“ geführt wurde, ist nicht neu. Sie gehörte 1991 zu zwölf Abgeordneten, die von einer kirchlichen Kommission als „Stasi-Grenzfälle“ eingestuft wurden. Schon damals lag eine Karteikarte vor, die belegt, dass sie 1987 als IM „Marisa“ geführt wurde. Allerdings fehlte eine Verpflichtungserklärung. Wie andere Parlamentarier, die als Grenzfälle galten, durfte sie 1991 Abgeordnete bleiben. Neu sind nun die von einem Stasi-Oberleutnant verfassten Berichte über Gespräche mit IM „Marisa“.

Stobrawa bestreitet, wissentlich mit der Stasi zusammengearbeitet zu haben. Die Linkspartei räumte ein, dass es daran Zweifel gibt. Falls diese Zweifel bleiben, wird Stobrawa ihre Ämter niederlegen. SPD-Generalsekretär Klaus Ness begrüßte der taz gegenüber diese Ankündigung. „Stobrawa taucht, anders als Hoffmann, nicht ab.“