Staatschef gibt sich geschlagen

HAITI Staatspräsident René Préval kündigt Neuwahlen für November an. Damit beugt er sich dem Druck aus dem In- und Ausland. UNO-Chef Ban Ki Moon warnt vor dem Versuch von Wahlfälschungen

Immer wieder war auf Demonstrationen Prévals Rücktritt gefordert worden

SANTO DOMINGO | taz Der haitianische Staatspräsident René Préval hat überraschend Neuwahlen für den 28. November dieses Jahres angeordnet. Eigentlich wollte der 67 Jahre alte Agrarwissenschaftler erst Anfang kommenden Jahres seinen Nachfolger wählen lassen. Nach dem schweren Erdbeben im Januar hatte er nicht nur für 18 Monate den Notstand ausgerufen, sondern sich im Mai, parlamentarisch legitimiert, die Amtszeit verlängern lassen. Ende November soll jetzt nicht nur ein neuer Staatschef gewählt werden, sondern auch ein Drittel der Senatoren. Außerdem müssen die 99 Sitze der haitianischen Nationalversammlung neu vergeben werden.

Mit der Ankündigung von Neuwahlen reagiert Préval auf internationalen Druck und zahlreiche Proteste in Haiti. Die Demonstranten hatten ihm vorgeworfen, das Erdbeben, bei dem rund 300.000 Menschen umgekommen waren, auszunutzen, um an der Macht zu bleiben. Immer wieder war es in den letzten Wochen zu Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten gekommen, die den Rücktritt Prévals forderten. Viele kritisieren am amtierenden Staatschef, dass er sich nach der Erdbebenkatastrophe handlungsunfähig gezeigt und keine Initiative für den Wiederaufbau des Landes entwickelt habe.

Auch die Vereinten Nationen und allen voran der Chef der UN-Sicherheitstruppe in Haiti (Minustah), Edmond Mulet, haben in der Vergangenheit ungewöhnlich offen Neuwahlen im November eingefordert, „um die Demokratie in Haiti zu stärken“. Hinter den Kulissen sei ziemlicher Druck auf Staatschef Préval ausgeübt worden, damit er bereits im Januar sein Amt einem Nachfolger übergeben kann, wissen politische Beobachter in Haitis Hauptstadt Port-au-Prince zu berichten.

In einer ersten Stellungnahme begrüßte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon die überraschende Entscheidung Prévals. Gleichzeitig forderte er die haitianische Regierung und den Wahlrat auf, dafür zu sorgen, dass die Wahl „transparent und glaubwürdig“ stattfinden können, eine kaum verklausulierte Warnung vor Wahlmanipulationen. Ban Ki Moon betonte außerdem, dass Minustah und das UN-Entwicklungsprogramm bereits begonnen damit hätten, die „notwendige technische Unterstützung, logistische Umsetzung und Sicherheit“ für die Wahl zu organisieren, um die „demokratischen Institutionen“ des Landes zu stärken.

HANS-ULRICH DILLMANN