AMERICAN PIE: Dynastischer Erfolg
COLLEGE FOOTBALL Im Finale putzt das Traditionsteam aus Alabama ein anderes Traditions- team, Notre Dame, mit 42:14 weg
Wir kriegen sie einfach nicht zu greifen“, verzweifelte Brian Kelly schon in der Halbzeit des Endspiels um die College-Meisterschaft. „Weiß jemand, warum? Sie sind groß und spielen körperbetont, ich glaube, ich weiß schon selbst, warum.“ Der Coach des traditionsreichen Notre-Dame-College musste mit ansehen, wie seine bis dato ungeschlagene Mannschaft von den ebenso traditionsreichen Alabama Crimson Tide am Ende mit 42:14 förmlich demontiert wurde.
Das Spiel hatte schon im ersten Viertel einen einseitigen Verlauf genommen. Gleich aus ihren ersten zwei Offensivspielzügen erzielten die in Miami Gardens/Florida in weißen Leibchen aufgelaufenen Jungs aus Alabama zwei Touchdowns. Das war der Grundstein für die Verteidigung des Titels von 2011. Der hochgelobte Quarterback AJ McCarron gab gleich vier Touchdown-Pässe, Receiver Amari Cooper fing zwei Pässe und brach mit insgesamt elf in der Saison einen Uni-Rekord. „Ich glaube, jetzt kann ich es sicher sagen: Ich bin Teil einer Dynastie“, sagte Cornerback Dee Milliner nach der Partie.
Beim Gegner lief derweil wenig bis gar nichts zusammen. Zu bissig war die Alabama-Defensive, zu demoralisiert war die Mannschaft nach dem frühen, hohen Rückstand. „Sie sind nicht nur besser als wir, sie sind besser als alle anderen“, konstatierte Notre-Dame-Sportdirektor Jack Swarbrick. Bezeichnend war, wie der glücklose Notre-Dame-Quarterback Everett Golson von Alabama-Linebacker Adrian Hubbard gesackt, also mit Ball zu Boden geworfen wurde. „Wir haben gesehen, wie sie im Spiel gegen Boston schon ziemlich herumgeschubst wurden“, sagt Alabama-Offensive-Tackle D. J. Fluker zur eigenen Strategie. „Da haben wir uns gedacht: Was die können, das können wir auch.“
„Eine echte Dynastie“, so auch der Tenor der US-Sportpresse zum Team aus dem Süden der USA. Bereits zum siebten Mal in Serie entschied ein Team aus der „Southeastern Conference“ das Endspiel für sich. Dort wird seit Jahren der aggressivere, hochklassigere Football gespielt. In den letzten vier Jahren konnte „’Bama“ drei Mal die nationale College-Meisterschaft gewinnen – mit Trainer Nick Saban als Architekten des Erfolgs. Seit 2007 trainiert der mittlerweile 61-Jährige das traditionsreiche Uni-Team, ist mit seinem Achtjahresvertrag einer der höchstbezahlten Trainer überhaupt im US-Sport. „Wir haben hier eine tolle Mannschaft zusammen, die hart für alles gearbeitet hat“, erklärt Saban. „Gerade deswegen haben wir auch den Erfolg, den wir uns wünschen. Das Wort Dynastie gebrauche ich aber nicht, Verdienst gefällt mir besser.“ Ein Verdienst, den sich auch der Gegner aus Indiana gewünscht hatte. Zwar vermieden die „Fighting Irish“ ein Desaster und gestalteten die Niederlage am Ende zumindest ein wenig ansehnlicher. Doch dass alle zwölf Partien der Saison bis zum Finale gewonnen werden konnten, dass Coach Brian Kelly zum Trainer des Jahres gekürt wurde, das war plötzlich wertlos. „Weiß jemand, warum Notre Dame nur seine Ersatzmannschaft aufs Spielfeld geschickt hat?“, ätzte College-Experte Michael DiRocco vom Sportsender ESPN auf Twitter. „Wir werden stärker zurückkommen“, kündigte derweil Trainer Kelly an. „Ich hoffe, wir alle sehen diese Niederlage als Anlass, zurückzukommen und die Sache zu erledigen“, ergänzte Mike Golic, Center-Spieler von Notre Dame.
Saban übrigens gewann bereits seinen vierten Titel als Trainer, den ersten gab es 2003 mit der Louisiana State University. In der ewigen Bestenliste der erfolgreichsten College-Football-Lehrer steht nur noch Coaching-Ikone Paul „Bear“ Bryant vor ihm. Der gewann gleich sechs Trophäen in den 60er und 70er Jahren – ebenfalls mit Alabama. „Bis Mittwoch können wir den Sieg genießen“, sagte Saban. Dann fängt das neue Semester an. DAVID DIGILI
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