DIE GESELLSCHAFTSKRITIK
: Ist doch einer von uns

WAS SAGT UNS DAS? Bayer Leverkusens Emir Spahic verprügelt einen Ordner und fliegt daraufhin raus. Die Ultras des Klubs fordern nun Solidarität mit ihm

Wenn es im Fußballstadion ein Kastensystem gäbe, wären sie ganz unten: die Ordner. Hässliche Westen, keine Autorität, immer im Weg, nicht dolle bezahlt – und anfassen darf man sie auch nicht. Andersrum betatschen einen die Unberührbaren aber bei jedem Stadionbesuch. Doch das macht denen bestimmt auch keinen Spaß. Man muss eigentlich Mitleid haben.

Umso abstoßender, wenn ein Fußballprofi – im Stadionkastensystem ganz oben – einen Ordner vermöbelt, wie es Emir Spahic nach dem Pokalspiel gegen den FC Bayern in der vergangenen Woche tat. Die Jungs und Mädels in den hässlichen Westen sollen Spieler wie Spahic schützen. Doch dem war das egal. Er verteilte eine saftige Kopfnuss. Zuvor hatte ein Ordner der Ansage des Herrn wohl nicht Folge geleistet. Spahic’ Arbeitgeber hat ihn daraufhin fristlos entlassen.

Doch jetzt springen dem Verteidiger die Ultras Leverkusen zur Seite. Ein Transparent mit der Aufschrift „Emir, einer von uns“ hing schon am Samstag beim Auswärtsspiel in Mainz im Bayer-Fanblock. Für das kommende Heimspiel organisieren die Ultras eine große Solidaritätsaktion: Sie wollen, dass alle im Fanblock weiße T-Shirts mit Spahic’ Rückennummer 5 hochhalten. Sie wollen „zeigen, dass bei UNS Leidenschaft, Einsatz und Wille im Vordergrund stehen“, schreiben sie auf ihrer Website.

Dabei zeigen sie in erster Linie ein eigentümliches Verhältnis zur Gewalt: Wer zu uns gehört, kann verprügeln, wen er oder sie will. Familie bleibt Familie. Wer unten ist, hat die Schnauze zu halten und die Kopfnüsse auszuhalten. Die Ultras, die sich selbst oft genug vom System gegängelt fühlen, die sich als Antiestablishment betrachten, finden es völlig in Ordnung, wenn ein Überprivilegierter einen Unterprivilegierten mit Schlägen auf die ihm zustehende Rolle hinweist. Klar, Solidarität mit Ordnern ist von Ultras nicht zu erwarten. Aber zur Prügelei zu schweigen, wäre doch auch möglich gewesen. JÜK