Bedreiungsgeld laft sau guad

PRAXIS Für die CSU war das Gesetz ein Erfolg. Bayern liegt bei den Bezieherzahlen vorn, die Ostländer liegen hinten. Aber die Statistiken sind ungenau

BERLIN taz | Aus Sicht der CSU funktioniert das Betreuungsgeld blendend. Horst Seehofers Partei ist bis heute stolz darauf, diese Leistung in der schwarz-gelben Koalition durchgesetzt zu haben.

Und die Eltern – meist die Mütter – nehmen sie laut Statistischem Bundesamt dankbar an, nicht nur in Bayern, sondern auch in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Die ostdeutschen Länder hingegen melden wenige Bezieher.

In Bayern erhielten im vierten Quartal 2014 fast 86.000 Mütter Betreuungsgeld, in NRW waren es rund 85.000 und in Baden-Württemberg knapp 77.000.

Im Mittelfeld liegen etwa Rheinland-Pfalz (21.000) oder Schleswig-Holstein (12.000). Selten beansprucht wird es im Osten: Mecklenburg-Vorpommern meldete für diesen Zeitraum 1.557 BezieherInnen, Sachsen-Anhalt nur 1.339.

Diese Zahlen sind allerdings mit Vorsicht zu genießen. Schließlich ist es logisch, dass in den bevölkerungsreichsten Flächenländern mehr Menschen Betreuungsgeld beziehen als im bevölkerungsärmeren Osten. Wenn man aber die Zahlen in Relation zur Bevölkerung setzt, bleibt der Unterschied bestehen. In Bayern machen die Elterngeldfans 0,68 Prozent der Bevölkerung aus, in Sachsen-Anhalt nur 0,06 Prozent.

Warum wird das Geld vor allem in Westdeutschland gut angenommen? Dafür gibt es mehrere Erklärungen. So ist das Kitaplatz-Angebot in Ländern wie Bayern und Baden-Württemberg deutlich schlechter als im Osten. Es sei also nötig, „mehr in den Ausbau und in die Qualität von Kitas zu investieren“, sagt Franziska Brantner, die Familienexpertin der Grünen-Fraktion.

Außerdem gibt es im Südwesten der Republik viele klassische Einverdienerehen, an welche sich das Betreuungsgeld richtet. Denn der Staat fördert ja, dass ein Partner – in der Regel die Frau – das Kind bis zum dritten Lebensjahr zu Hause betreut. Auch die ostdeutsche Tradition, dass Frauen schnell wieder arbeiten gehen, spielt eine Rolle.

Insgesamt liefert das Zahlenmaterial nur ein sehr verschwommenes Bild. Einerseits stieg die Nutzung des Betreuungsgelds seit dem Start im August 2013 rasant an: Hatten bis Juni 2014 nur 224.000 Menschen die Leistung beantragt, waren es bis Dezember bereits 386.000. Ist das viel oder wenig? Das bleibt unklar. Niemand weiß, wie viele Eltern überhaupt bezugsberechtigt wären.

Auch das bei Kritikern beliebte Argument, das Betreuungsgeld bringe bildungsferne oder arme Migranten dazu, ihr Kind von der Kita fernzuhalten, lässt sich statistisch nicht belegen. Die Behörde erhebt nicht, welchen Migrationshintergrund Bezieher haben oder wie hoch ihr Einkommen ist. ULRICH SCHULTE