Draußen vor der Tür

Eine Woche Nichtrauchen: Helmut Schmidt tanzt aus der Reihe, ansonsten läuft alles wie geplant. Vereinsheime bleiben die Ausnahme und die Volksinitiative hat ihre Unterschriften zusammen

von MAIKE WÜLLNER
, SVEN-MICHAEL VEIT
und DANIEL WIESE

Dass Helmut Schmidt sich nicht einschüchtern lassen würde, war klar, und in der gestrigen Bild-Zeitung war prompt ein Foto von ihm drin. Es zeigte Schmidt, wie er am Sonntag beim Neujahrspunsch im ansonsten rauchfreien Winterhuder Fährhaus eine seiner Reynos Menthol durch zog, neben sich die ebenfalls rauchende Gattin Loki.

Bis Ende Februar soll es in Hamburg keine Verwarnungsgelder geben, die meisten Kneipen und Cafés ziehen das Verbot aber trotzdem durch. Im Familieneck in Altona, wo die Einnebelungsdichte vor dem Jahreswechsel legendär war, raucht tatsächlich niemand mehr. Stattdessen müssen irgendwo Duftlämpchen brennen, wo genau, ist nicht zu sehen, dafür ist es zu voll. Draußen vor der Kneipe sind kleine Tischchen mit Aschenbechern aufgebaut, da setzt sich aber kaum jemand hin, die meisten Raucher stehen direkt vor dem Eingang.

Ähnlich ist die Lage in der Schanze, wo auf der Piazza am Schulterblatt jetzt noch mehr Zigarettenfilter herumliegen als sonst, halbkreisförmig vor den Eingängen gastronomischer Betriebe verteilt. Drinnen herrscht fast überall rauchfrei-dünne Luft. Gequalmt werden darf noch in der Taverna Romana. Der zweitälteste und größte Grieche in der Schanze hat den hintersten seiner drei Räume, den neuen Wintergarten, zum Rauchsalon erklärt. Der rotgestrichene Szenetreff Gloria in der nahen Bellealliancestraße verfügt über zwei Räume und kann nun mit dem Hinweis auf 70 Quadratmeter Raucheroase werben.

Im Grünen Jäger ist das Rauchen in den zwei oberen Räumen noch erlaubt, zwischen den Zimmern, auf dem Weg zur Toilette und bei der Garderobe ist allerdings Nichtraucherzone. Hin und wieder wird das Verbot missachtet, Gäste huschen von einem Raucherbereich in den nächsten, die Kippe zwischen den Fingern. „Hier in der Mitte darf aber nicht geraucht werden!“, ruft die Frau an der Garderobe.

In Tine Wittlers Einraumkneipe Parallelwelt ist dagegen alles wie immer, denn seit Jahresbeginn ist die Kneipe zum Vereinsheim des Vereins „Raucherei e.V.“ umdeklariert worden, dessen Pächterin Wittler nun ist (taz berichtete). Der einzige Unterschied ist, dass draußen jetzt ein Schild mit der Aufschrift „Vereinsheim“ hängt, außerdem ist es ein bisschen voller ist als sonst.

Der ehemalige Boxer Jürgin Blin ist Tine Wittlers Beispiel gefolgt und hat seine Bierbar am Hauptbahnhof zum Kunst- und Kulturverein erklärt. Und der Bezirksamtschef von Mitte, Markus Schreiber (SPD), hatte angeregt, das Vereinsmodell prüfen zu lassen, um die Eckkneipen auf der Reeperbahn zu retten.

Gestern ruderte Schreiber zurück. Sein Bezirk wolle das Gesetz zum Schutz von Nichtrauchern keineswegs „aushebeln“. Freilich werde es wie überall in Hamburg keine „Raucherpolizei“ geben, ermittelt werde nur auf Anzeige. Sechs seien bisher eingegangen, bei 3.886 Gaststätten seien das 0,15 Promille.

Widerstand ist nicht die Regel, aber er kommt vor. So gibt es in Schanzennähe ein Lokal, in dem weiter geraucht wird, wenn nur Stammgäste anwesend sind. „Eine vor dem Essen, eine danach“, grinst der Wirt, „und dann machen wir Durchzug.“

Ansonsten hoffen viele Wirte auf die Verfassungsklagen ihrer Kollegen – und auf die von Hamburger Wirten betriebene Volksinitiative, die ihre 10.000 Unterschriften zusammen hat. Das teilte die Innenbehörde am Montag mit. Der nächste Schritt ist nun ein Volksbegehren.