der billige wilhelm
: Knallcharge im Operettenstaat

WALTER WILHELM, Rüheständler, hat als Jugendlicher schon mal Hakenkreuze an Wände geschmiert FOTO: DPA

Im letzten Dienstjahr hat er dann doch noch einmal für Aufsehen gesorgt – beim BND-Untersuchungsausschuss des Bundestags. Eine Sitzung des Gremiums brachte Walter Wilhelm zum Platzen, weil das von ihm geleitete Bremer Landesamt für Verfassungsschutz angeforderte Akten nicht pünktlich vorlegte. In einer anderen musste er selbst Rede und Antwort stehen.

Seine Aussage sorgte für Entsetzen: „Wir kannten Murat Kurnaz damals doch gar nicht“, sagte Wilhelm im März. Das hatte ihn aber nicht daran gehindert, infame Berichte über den Guantánamo-Insassen Bremer Herkunft zu verfassen. Und nach Berlin zu liefern. Drei Jahre lang torpedierten sie Kurnaz’ Freilassung. Am Montag entließ Innensenator Willi Lemke den seit dem Sommer urlaubenden Walter Wilhelm offiziell in den überfälligen vorzeitigen Ruhestand.

Wilhelm ist ein Phänomen, wie es sich nur in einem Operettenstaat denken lässt: Schon 2002 konnte er sich der „dienstälteste Geheimdienstchef der Welt“ nennen. Dabei hatte er 1981 die Amtsleitung zunächst kommissarisch übernommen: Drei Monate lang bereiste der damalige Innensenator auf der Suche nach einem kompetenten Kandidaten die Republik, führte Gespräche, lockte mit einem Top-Gehalt – vergebens. Also senkte man die Besoldung. Und verpflichtete: Wilhelm.

Wie er sich so lange hielt? „Mir“, sagt der grüne Innenpolitiker Matthias Güldner, „ist das auch ein Rätsel.“ Möglich, dass die jährlichen Entlassungsforderungen durch die Opposition ihn stabilisiert haben. Andererseits war der biedere Beamtentyp auch pflegeleicht: Seit einer 1992 gerichtlich zurückgewiesenen Forderung nach Gehaltserhöhung hielt sich der billige Wilhelm fast ganz in den Kulissen. Ja, manchmal blamierte er seinen Dienstherren noch, so als er 2006 öffentlich bekannte, als Jugendlicher Hakenkreuze an Wände geschmiert zu haben. Aber meistens blieb er still. Fast geräuschlos konnte daher sein Amt von stolzen 90 auf 14 Stellen geschrumpft werden. Die Reste zu organisieren und ins Innenressort einzugliedern ist eine echte Aufgabe. Übernommen hat sie Hans Joachim von Wachter. BES