wildeisens lesezeichen
: 42 Freunde und ein Hund

Wer Diebe fassen will, braucht Fantasie(-hunde)

Alter: ab 6 Jahren zum Vorlesen, ab 8 zum Selberlesen.

Story: Gerade hat Rustan die Liga der Unsichtbaren gegründet, als seine Eltern beschließen, ihn und seine Schwester Liv bei Großmama einzuquartieren. Kein Wunder, dass sie die Kinder loswerden wollen: Mit seiner Kettenbrief-Aktion hatte Rustan 42 Jungs erreicht, die mit Handschuhen vorm Gesicht zum Gründungstreff ins Treppenhaus kamen. Dumm nur, dass die Hausmeisterin dazwischen platzte und beim Anblick der Maskierten in Ohnmacht fiel. Aber wenn Liv nicht den Tierarzt für ihren Fantasiehund Ravajack geholt hätte, wären die Eltern bestimmt nicht so außer sich gewesen. Dann hätte Rustan die Jagd auf den Ewigen Erwin von zu Hause aus koordinieren können. Bei Oma, einer patenten Generalswitwe, muss Rustan sich einiges einfallen lassen, um seine und Livs Geheimnisse zu verbergen. Aber um den Ewigen Erwin zu finden, sind sie in Omas Villa goldrichtig.

Leserausch: Gunnel Linde ist eine großartige Erzählerin. Sie lässt sich ganz auf die Sicht von Kindern ein, die mit ihrer Fantasie die Erwachsenenwelt aushebeln. Dass das Kinderbuch bereits 1960 erschienen ist, lässt sich nur anhand von klappernden Schreibmaschinen und herbeigesehnten Vervielfältigungsapparaten erahnen. Erzählerisch ist der Kinderkrimi schwungvoller als manch aktueller Titel. Ihre Figuren zeichnet Linde liebevoll und überzeugend. Rustan ist gescheit und hat das Zeug zum Bandenchef. Liv hält mit verträumter Sturheit an der Existenz ihres Hundes fest. Zum Schluss, als die Dogge einen Orden bekommen soll, hat sie sich in einen Dackel verwandelt. Schade, dass Peter Schössows Illustrationen den Figuren nicht gerecht werden, sie wirken computergeneriert und leblos. Potter-Faktor: 3

Weltwissen: Wenn Eltern sich überfordert fühlen, kann es heilsam sein, die Kinder ins großelterliche Exil zu schicken. Die Alten ticken anders und die Jungen auch. Gemeinsam können sie Dieben das Handwerk legen. Im Zeitalter von Chatten und Simsen wirken Kettenbrief-Aktionen und immobile Telefonapparate zwar antiquiert, bergen aber ungemein witziges Potenzial. Angehende Detektive können sicher trotzdem etwas über Spurensicherung lernen. Pisa-Faktor: 2

Ein geistreicher Kinderkrimi, der voller Situationskomik steckt. Wildeisen-Punkte: 3

SARAH WILDEISEN

Gunnel Linde: „Die Liga der Unsichtbaren“. Aus dem Schwedischen von Birgitta Kicherer. Mit Bildern von Peter Schössow. Gerstenberg Verlag, 2007