Autos nicht verteufelt

Der erste freiwillige autofreie Sonntag in diesem Jahr stößt auf mäßige Resonanz: Es sind kaum weniger Autos unterwegs, dafür stößt der kostenlose öffentliche Nahverkehr auf regen Zuspruch

VON MAGDA SCHNEIDER
UND SVEN-MICHAEL VEIT

Als die Frau am Sonntagmittag ihre Geldbörse zuckt, um ein Ticket zu lösen, winkt der Busfahrer ab. „Heute kostet’s nix“, grummelt er. Auch das Paar, das brav die Dauerkarte vorzeigen möchte, lässt der Fahrer lässig abblitzen und zeigt auf die Werbetafel der Haltestelle. „Bahn frei fürs Klima“. Und der Verkehrsfunk meldet parallel: „Es liegen keine Behinderungen vor, es ist überall freie Fahrt.“

Trotzdem: Der erste autofreie Sonntag seit 2000 in Hamburg und Umgebung ist nach ersten Einschätzungen auf eher geringe Resonanz gestoßen. Zwar sind nach Beobachtungen der Polizeileitzentrale weniger Autos auf den Straßen gewesen, ob dies jedoch nicht auf das regnerische Wetter zurückzuführen war, vermochte niemand zu sagen. Die gratis fahrenden öffentlichen Verkehrsmittel verzeichneten indes regen Zuspruch. Sprecher von S-Bahn und Hochbahn sprachen von schätzungsweise 25 Prozent mehr Fahrgästen als üblich.

Auf der zentralen Veranstaltung am Jungfernstieg bezeichnete Umweltsenator (CDU) Axel Gedaschko den autofreien Sonntag dennoch als einen Meilenstein. „Das Wetter ist umwelttechnisch optimal“, sagte er beim verregneten Auftakt. „Es gibt keinen Feinstaub auf den Straßen.“ Hamburg sei das erste Bundesland, dass ein „abgeschlossenes Paket“ geschnürt habe, um den CO2-Ausstoß bis 2012 zu verringern. Vorbild sei unter anderem Paris, das als Alternative zum Pkw über ein Netzwerk von Fahrrad-Verleihern verfüge. „Die sind wesentlich weiter als wir.“

Es sei aber „unsinnig, das Auto zu verteufeln“, betonte Gedaschko. „Niemand will den Menschen den Spaß nehmen“. Allerdings sei es oft sinnvoll, das Auto stehen zu lassen: „Fahrten unter fünf Kilometern sind in der Regel ökologisch und ökonomisch nicht zu vertreten.“

Vier freiwillige autofreie Sonntage gehören zum Klimaschutzkonzept des Senats, das Bürgermeister Ole von Beust und Gedaschko im Sommer präsentiert hatten. Die drei weiteren sollen am 20. April sowie vermutlich am 13. Juli und 12. Oktober stattfinden.

Die beiden letzten Termine seien noch nicht definitiv, sagte Peter Lindlahr, Klimaschutzbeauftragter der Umweltbehörde vorab bei einem Pressegespräch. Sie sollen jeweils eigene Schwerpunkte haben. Im April ist eine Fahrradsternfahrt „vielleicht zum Stadtpark“ angedacht, im Sommer „dezentrale Veranstaltungen in den Bezirken“ und im Herbst soll es Aktionen in der gesamten Metropolregion Hamburg geben.

Mehrere Städte im Umland haben sich am autofreien Sonntag beteiligt, andere wollen sich bei den nächsten Terminen anschließen. Noch bis zum 31. Januar kann bei allen HVV-Servicestellen oder unter www.hvv.de ein verbilligtes Drei-Monats-Probe-Abo erworben werden. Es gilt bis zum 30. April, die Tage im Januar sind kostenlos.

Mit dem HVV und der Hochbahn will Gedaschko nächste Woche Gespräche über einen möglichen „Ausbau der Schienenverbindungen in Hamburg“ führen. Gemeint ist „ein Stadtbahn-ähnliches Modell“. Dieses hatte Hochbahn-Chef Günter Elste vor zwei Wochen bereits angeregt. Vorstellbar sei, so Elste, eine oberirdische Verlängerung der U4 nach Wilhelmsburg und Harburg „ebenerdig“ und parallel zu bestehenden Straßen. Das Gleiche schwebt ihm für die Anbindung des Altonaer Volksparks samt Arenen sowie den Stadtteilen Lurup und Osdorf vor.

Gedaschko bestätigt nun, dass diese Idee für ihn „diskutabel“ sei. Eine weiteres Schienensystem, wie es die GAL seit Jahren mit ihren Stadtbahn-Plänen fordert, hält er für nicht sinnvoll.