Auf den Spuren von Roger Kusch

Opposition bezichtigt Justizsenator Carsten Lüdemann des „schwarzen Filzes“ und fordert seine sofortige Entlassung. Durch die Änderung des Beamtengesetz sollen zwei seiner hoch dotierten Mitarbeiter Beamte auf Lebenszeit werden

Justizsenator Carsten Lüdemann (CDU) kommt aus den Schlagzeilen nicht heraus. Nach dem Statistikskandal steht nun gegen ihn der Vorwurf des „schwarzen Filzes“ im Raum. Knapp einen Monat vor der Bürgerschaftswahl will die Justizbehörde am Mittwoch eiligst eine Novelle zum Beamtengesetz in die Bürgerschaft einbringen, durch die zwei hoch dotierte Beamte der Justizbehörde auf Lebenszeit ernannt werden würden.

„Es reicht Herr Lüdemann“, schimpft GAL-Fraktionschefin Christa Goetsch und fordert von Bürgermeister Ole von Beust Lüdemanns Entlassung „wegen wiederholten Versagens“. Dabei hat die GAL im Prinzip gegen die Gesetzesänderung des CDU-Senats nichts einzuwenden. Diese sieht im Kern vor, eine 1999 von Rot-Grün eingeführte Regelung wieder abzuschaffen, dass alle Besoldungsstellen von Amts- oder Schulleitern sowie hochrangigen Beamten zunächst für fünf Jahre auf Zeit vergeben werden. Erst dann können sie auf Lebenszeit ernannt werden. Der CDU-Senat möchte die Regel wieder einführen, Top-Positionen mit entsprechend hohem Besoldungsniveau schon nach zwei Jahren Probe in Stellen auf Lebenszeit umzuwandeln.

Pikant ist jedoch, dass die CDU dies jetzt im Hau-Ruck-Verfahren vor der Wahl durchziehen will. Das ist rieche nach „Torschluss-Versorgung“, findet GAL-Rechtsexperte Till Steffen. Die GAL wird beantragen, das Gesetz erst nach der Wahl in Kraft treten zu lassen. Wenn die CDU dem nicht zustimme, werde klar, so Goetsch, „dass von Beust ganz vorne mit filzt und selbst nur die Versorgung der eigenen Leute im Auge hat“. Denn neben Lüdemanns Leitern des Strafvollzugs- und Justizamtes, Johannes Düwel und Wolfgang Siewert, wäre auch der Chef des Planungsstabes der Senatskanzlei, Nikolas Hill, Nutznießer des Schnellschusses. Ihnen wäre dann die Besoldungsgruppe B 6 mit einem Monatsgehalt von 7.206 Euro sicher.

Die SPD findet das Vorgehen Lüdemanns „instinktlos“ und wird die Bürgerschaftslesung der Novelle boykottieren. „Wenn der Bürgermeister nicht handelt und seinen Justizsenator entlässt“, sagt der Innenpolitiker Andreas Dressel, „wird das Problem Lüdemann zu einem Problem von Beust.“ Der SPD-Rechtspolitiker Rolf-Dieter Klooß ergänzt: „Dieser Mann wandelt immer mehr auf den Spuren seines Vorgängers Roger Kusch.“

Schon am Freitag ist Senator Lüdemann wieder den Fragen der Opposition ausgesetzt. Dann muss er im Rechtsausschuss Rede und Antwort stehen, wie es dem russischen Betrüger Oleg Buchilov in der Nacht zum 30. Dezember 2007 gelingen konnte, eine filmreife Flucht aus dem Untersuchungsgefängnis Holstenglacis aufs Parkett zu legen.

MAGDA SCHNEIDER