George W. Bush hat nichts mehr zu sagen

Kampf gegen Terror geht weiter, im Irak wird alles gut, um die Wirtschaft soll sich niemand sorgen – mit einer farblosen Rede zur Lage der Nation verabschiedet sich der US-Präsident bei seinem letzten Auftritt vor beiden Häusern des Kongresses

AUS WASHINGTON ADRIENNE WOLTERSDORF

Es sei eine in die Zukunft blickende Rede, hatte das Weiße Haus am Montag erklärt, die US-Präsident George W. Bush halten werde. Was bliebe einem Präsidenten auch anderes übrig, dessen bisherige 7-jährige Amtszeit die meisten US-AmerikanerInnen als Abfolge von verpassten Chancen und vermasselten Vorhaben sehen? Doch Bushs letzte Rede zur Lage der Nation vor beiden Kammern des Kongresses erschien Kommentatoren und Analysten am Montagabend vor allem dünn. Bar jeder neuen Ideen oder Anstöße konzentrierte sich Bush auf die Themen Steuersenkung und den Krieg gegen den Terror.

Angesichts der schlechten Lage der US-Wirtschaft versuchte er, die Sorgen seiner Landsleute über die Entwicklung der schwächelnden Konjunktur auszuräumen. Zwar habe sich das Wachstum der Wirtschaft verlangsamt, sagte der Präsident, die Wirtschaft stehe aber auf einem soliden Fundament: „Langfristig können Amerikaner auf unser Wirtschaftswachstum bauen.“ Es sei ein Rekord, dass „in Amerika 52 Monate in Folge neue Jobs geschaffen wurden, aber nun wachsen die Jobs mit gedrosseltem Tempo.“ Bush rief den Kongress auf, das vergangene Woche vorgestellte 150-Milliarden-Dollar-Konjunkurprogramm schnell umzusetzen – und damit beiden Parteien zu ermöglichen, was sie in einem Wahljahr ohnehin am liebsten machen: Geld an die Bürger zu verteilen.

Bush ermahnte den Kongress aber auch, allen Versuchen zu widerstehen, das Paket noch voller zu packen. Es habe genau den richtigen Umfang. In der traditionellen Gegenrede der Demokraten, die die Gouverneurin von Kansas, Kathleen Sebelius, 59, hielt, hieß es, dass dieses Rettungspaket nur der Anfang sein könne, denn die Bürger könnten ihre Rechnungen schon jetzt nicht mehr bezahlen. Sebelius gilt als vielversprechende Kandidatin für höhere Parteiämter, möglicherweise sogar für die Vizepräsidentschaft.

Der angeschlagene US-Präsident, dessen Zustimmungsraten weiterhin sensationell niedrig sind, versuchte angesichts des absehbaren Endes seiner Amtszeit erst gar nicht, weitere innenpolitische Initiativen vorzustellen, vielmehr ermahnte er den Kongress noch, seine befristeten Steuersenkungen rasch zu verstetigen.

Dem Kampf gegen Terrorismus, für ihn der „entscheidende ideologische Kampf des 21. Jahrhunderts“, widmete Bush die zweite Hälfte seiner 53-minütigen Rede, die 71-mal von Applaus unterbrochen wurde. „Wir werden in der Offensive bleiben, wir werden den Druck aufrechterhalten, und wir werden die Feinde der Justiz zuführen“, sagte er.

Zugleich versicherte er, dass seine Irakpolitik sowie die Truppenaufstockung Wirkung zeigten. „Al-Qaida ist auf der Flucht“, sagte Bush. Auch wenn dies in den USA noch mancher bestreite, sei es klar, dass die Terroristen schwer getroffen seien.

Beim umstrittenen Krieg im Irak verwies Bush auf die verbesserte Sicherheitslage in den Provinzen und in Bagdad. Die Zahl der Attentate und Anschläge sei seit dem vergangenen Jahr erheblich zurückgegangen. Die zusätzlichen 30.000 US-Soldaten und der Ausbau der irakischen Streitkräfte, die Bush im vergangenen Jahr unter großer Kritik durchgesetzt hatte, zeigten bereits Wirkung.

Einen Truppenabzug stellte Bush nicht in Aussicht. Es sollen in den kommenden Monaten jedoch 20.000 Soldaten zurück in die Heimat kehren, ohne durch neue ersetzt zu werden. Ziel sei es, die Fortschritte weiter auszubauen sowie mehr Aufgaben an die irakischen Sicherheitskräfte zu übergeben.