Erfolgreichste DKP-Frau der Geschichte

Ums Koalieren geht es zum Glück in Niedersachsen nicht. Mit den „Kriegstreiberparteien“ Grüne und SPD könnte sich Christel Wegner eine engere politische Zusammenarbeit kaum vorstellen: „Gut, dass wir es so einfach haben“, sagt sie. CDU und FDP haben bei den Wahlen in Niedersachsen eine klare Mehrheit errungen. Überraschend war, dass die Linke am Sonntag satte 7,1 Prozent der Stimmen bekam. Elf Abgeordnete ihrer Liste ziehen ins Parlament ein – eine davon hat ein anderes Parteibuch: Christel Wegner gehört der Deutschen Kommunistischen Partei an.

Das ist eine kleine Sensation: Wegner ist die erste Abgeordnete mit DKP-Mitgliedschaft in einem Parlament, und zwar seit 1968, als die Partei gegründet wurde. Damals trat sie in die DKP ein, in den 80er-Jahren saß sie im Bundesvorstand. „Ich bin marxistische Kommunistin“, sagt die 60-jährige Krankenschwester. Im Parlamentsalltag gebe es keine Unterschiede zur Linken, die ihre Liste für DKP-Leute geöffnet hatte. Allerdings: Im Programm der Linken fehle die Vergesellschaftung von Schlüsselindustrien, kritisiert Wegner. „Anfangen würde ich bei den Banken.“

„Kommunisten – gibt’s die überhaupt noch?“, wurde die Mutter eines Sohns im Straßenwahlkampf in ihrer Heimat Buchholz in der Nordheide bestaunt. Diese Frage hat sich für die geborene Hamburgerin nie gestellt: Sie arbeitet nicht nur in Friedensinitiativen und verkauft nicaraguanischen Kaffee und Rum, um mit den Erlösen Schulen in Mittelamerika zu unterstützen.

Es hat auch mit der Familie zu tun: Als Kind hat sie erlebt, wie der Verfassungsschutz vor dem Elternhaus parkte, die Wohnung durchsuchte, ihr Vater mal als Bäcker, mal als Elektroschweißer arbeiten musste, weil er Mitglied der 1956 verbotenen KPD war. „Wir haben die ganze Härte der Bundesrepublik zu spüren bekommen.“

Wenn Wegner die Stasi-Debatten der Westdeutschen hört, regt sie sich auf: Auch ihre Freunde wurden bespitzelt und mit Berufsverboten überzogen. „Unser Staat ist keinen Deut besser“, sagt die Abgeordnete. Sie will sich im Landtag für die Verbesserung der Pflege einsetzen. Aber ebenso für die Abschaffung des Verfassungsschutzes, der die Linke in Niedersachsen weiter im Auge hat.

Aus der Bundestagsfraktion der Linken hat Wegner schon gehört, dass „die sich abstrampeln und alles abgeblockt wird“. Deshalb erwartet sie auch keine „fünf Jahre Wohlfühlzeit“ im Landtag. In ihrem Einzug ins Parlament spiegele sich doch nur ein Stück gesellschaftliche Normalität wider. „Wir haben ja nicht den Verstand verloren“, sagt Wegner. Und: „Ich trete einem CDU-Politiker ja auch nicht mit einem Dolch gegenüber.“ KAI SCHÖNEBERG