Das Geld liegt auf der Straße

Weniger Menschen, mehr Hunde, aber auch mehr Selbstaufheber: Die Trends rund um den Hund machen Hoffnung auf ein weniger verdrecktes Bremen. Jetzt sieht auch der Fiskus seine Chance

Das Ortsgesetz § 6 verpflichtet jeden Halter, „Verunreinigungen seines Hundes unverzüglich zu beseitigen“. Die Hundesteuer hingegen steht in keinerlei Zusammenhang mit dem Hundekot. Sie gilt als „allgemeiner Deckungsbeitrag zum Haushalt“ und beträgt in Bremen derzeit 122,64 Euro pro Jahr. Damit liegt sie deutlich über Bremerhaven und Hamburg (90 Euro), aber auf etwa gleicher Höhe mit Hannover und wiederum deutlich unter Hundesteuer-Spitzenreiter Köln mit 156 Euro. HB

Von Henning Bleyl

Nach langen Jahren eines konstanten Hundeaufkommens ist in der Stadt Bremen jetzt erstmals eine relevante Zunahme registrierter Vierbeiner zu verzeichnen. Zum Stichtag 1. Januar 2008 waren beim Finanzamt 13.400 Hunde zwecks Zahlung der Hundesteuer gemeldet, das sind 400 mehr als im Vorjahr. Ob es sich dabei primär um einen Legalisierungseffekt oder um einen faktischen Populationsanstieg handelt, will das Finanzamt nicht beurteilen. Im Ergebnis verschiebt sich die offizielle Bremer Hund/Mensch-Relation jedenfalls auf eins zu 41. Dabei spielt auch eine Rolle, dass im gleichen Zeitraum die Zahl der zweibeinigen BremerInnen um 903 zurückging.

Um das damit verbundene Problem der Stadtverdreckung kümmert sich seit fünf Jahren die „Leitstelle Saubere Stadt“. Sie hat die Aufstellung von mittlerweile rund 170 Hundekotbehältern veranlasst und will auch die Kontrollen verstärken. Schließlich liegt bares Geld auf der Straße. Die neue „Rote Karte“, die Delinquenten in die Hand gedrückt wird, listet penibel das Spektrum finanzieller Sanktionen auf. Die achtlos fort geschmissene Kippe kostet 20 Euro, während man für die sprichwörtliche Bananenschale schon 25 Euro bezahlen muss. Über Kaugummi (30) und Glasflasche (35 Euro) steigert sich der Bußgeldkatalog bis zum hochpreisigen Exkrement-Bereich. „Urinieren in der Öffentlichkeit“ schlägt mit 50 Euro zu Buche, Spitzenreiter ist jedoch der Hundekot zu 70 Euro – in besonders schweren Fällen können sogar 250 Euro kassiert werden. Etwa, wenn mit gleich mehreren Hunden ein Spielplatz heimgesucht wird, wie Leitstellenleiterin Silke Küker erläutert.

Die Leitstelle ist mit rund einer Million Euro Jahresetat ausgestattet. Sechseinhalb MitarbeiterInnen sind im Büro an der Ansgaritorstraße tätig, vier weitere machen uniformierten Außendienst, bilden also den „militanten Arm“ der Leitstelle. Das Wort „militant“ weist Küker freilich entschieden zurück: „Unsere Mitarbeiter gehen sehr positiv auf die Hundehalter zu.“ Es handele sich keineswegs um ehemalige Polizisten oder Sicherheitsdienstmitarbeiter sondern sorgfältig ausgewählte, im Übrigen mit verbaler Schlagfertigkeit und Humor ausgestattete KollegInnen.

Dieser „Umwelt- und Ordnungsdienst“ ist aus der zweiköpfigen „Müllpolizei“ hervorgegangen, die als Pilotprojekt zwischen 2004 und Anfang 2006 vornehmlich Abfallsünder ermitteln sollte.

Seit vergangenem September sind nun vier Männer und Frauen, deren Dienstkleidung aus der Politessenuniform entwickelt wurde – aufgepeppt mit einem bordeauxfarbenen Tüchlein beziehungsweise Krawatte –, auf festen Routen unterwegs. Diese Präsenz habe bereits positive Verhaltensänderungen bei Hundehaltern bewirkt, sagt Küker, insbesondere die Zahl der „Selbstaufheber“ steige.

In Fachgeschäften hingegen ist der Absatz von Einwegbeuteln schleppend, sowohl in der einfachen wie auch in der VIP-Variante mit Pappverstärkung zwecks haptischem Geifschutz. Lediglich in den Sommermonaten steige die Nachfrage, sagt ein Fachhändler – wenn sich Hundebesitzer für ihren Auslandsurlaub eindeckten. Dort sind die Geldstrafen für wildes Koten in der Regel noch deutlich empfindlicher.

Mittlerweile hat auch der Haushalts- und Finanzausschuss die Zeichen der Zeit erkannt. Mit Stichtag 1. April hat er vom Senat einen Zwischenbericht angefordert, in dem dieser darlegen soll, wie die Zahl illegaler Hunde verringert, vulgo die Einnahmen aus der Hundesteuer gesteigert werden können.