„Das spezielle Biowissen“

Beim Forum Berufsbildung Hamburg kann man sich zur „Fachkraft Naturkost“ ausbilden lassen. Denn die Kunden der Bioläden wünschten einen besseren Service, sagt Projektleiter Gerd Lauermann

GERD LAUERMANN, 56, ist Projektleiter beim Forum Berufsbildung Hamburg.

Interview: DANIEL WIESE

taz: Herr Lauermann, was muss man sich unter einer Ausbildung zum Naturkost-Verkäufer vorstellen?

Gerd Lauermann: Wir haben in den Unterrichtsmodulen einen längeren Abschnitt, in dem die Leute speziell für Naturkost ausgebildet werden. Die machen Warenkunde, die machen Verkaufsschulungen, um den Ansprüchen und Bedürfnissen des Biohandels gerechter zu werden, die ja anders sind als zum Beispiel bei Lidl.

Was sind das für Ansprüche?

In der Biobranche werden Leute benötigt, die etwas mehr wissen und die auf den Beratungsbedarf der Kundschaft eingehen können. Bio ist halt teurer als normale Lebensmittel, und die Läden merken, dass die Kundschaft, wenn sie schon bereit ist, mehr zu bezahlen, auch einen besseren Service möchte. Daran knüpft diese Ausbildung an. Wir haben für Hamburg ermittelt, dass hier mittelfristig ein Bedarf an 250 bis 300 ausgebildeten Fachkräften besteht.

Wird bei Ihnen auch Überzeugungsarbeit unterrichtet?

Nein, wir wollen nicht im ökologischen Sinne missionieren. Es geht einfach darum, wenn Sie jetzt in einen Bioladen gehen und fragen, wo kommen die Tomaten her, was ist der Unterschied zwischen diesen Tomaten und denen, die ich bei Aldi bekomme – dass die Verkäufer darauf eine vernünftige Antwort geben können. Das versuchen wir den Leuten beizubringen.

Normale Verkäufer wissen das nicht?

Ich möchte niemand zu nahe treten, aber das haben Sie ja auch manchmal im Naturkostladen, dass Sie dort Fragen stellen und sich dann wundern, warum können die mir keine qualifizierte Antwort geben.

Müssen die sich auch Biohöfe anschauen?

Das ist in den Ausbildungsplänen mit drin, wir machen Führungen auf diesen Höfen, und im Fachunterricht versuchen wir, die Grundlagen des ökologischen Landbaus zu erläutern.

Wissen die zukünftigen Verkäufer dann auch Bescheid bei den verschiedenen Siegeln, die es gibt?

Wir lehren das. Ob sie das dann immer abrufen können, kann ich aber nicht garantieren.

Die großen Supermärkte, vor allem die Drogerien, haben inzwischen auch eigene Biolabel.

Trotzdem werden Sie die Erfahrung machen, dass das spezielle Biowissen dort fast nicht vorhanden ist. Das versuchen wir mit diesen Ausbildungsgängen ein bisschen zu beheben.

Ist da zu lange nichts gemacht worden, oder expandiert der Markt?

Wir haben in den letzten drei Jahren im Biohandel Wachstumsraten von 16 Prozent, und da braucht man dann eben auch Arbeitskräfte. Das Problem des Hamburger Fachhandels besteht darin, dass man sich über die Jahre größtenteils mit Aushilfskräften beholfen hat. Das wird man auch weiterhin tun, aber Aushilfskräfte kommen meist aus dem studentischen Milieu, und die haben ganz andere Vorstellungen, was ihre berufliche Perspektive betrifft. Das heißt, wir haben dort eine relativ hohe Fluktuation, und das ist, was eine Schulung angeht, für die Läden ein ziemliches Problem. Deswegen neigen sie dazu, verstärkt auf Fachkräfte in Voll- oder Teilzeit zu setzen.

Eine Fortbildung zur „Fachkraft Naturkost“ dauert sechs, eine Umschulung zur „Einzelhandelskauffrau/-kaufmann Naturkost“ (IHK) 21 Monate. Kontakt: Forum Berufsbildung Hamburg, ☎ 040–43214420