Kofferbomber beschuldigt Komplizen

Im Düsseldorfer Prozess um Anschlagspläne auf Regionalzüge will der Angeklagte nur angestiftet worden sein

DÜSSELDORF afp/dpa ■ Im Düsseldorfer Kofferbomber-Prozess hat der Angeklagte, Youssef El Haj Dib, ein Teilgeständnis abgelegt. „Ich habe über die Art der Bombe entschieden. Ich hab’s ausgesucht“, sagte der 23-Jährige im von Polizisten mit automatischen Waffen gesicherten Hochsicherheitstrakt des Oberlandesgerichts Düsseldorf.

Gleichzeitig belastete El Haj Dib seinen im Libanon inhaftierten Mittäter Dschihad Hamad. Beiden wirft die Staatsanwaltschaft vor, am 31. Juli 2006 Bombenanschläge auf zwei in Köln abfahrende Regionalzüge geplant zu haben. Allein wegen technischer Fehler seien die aus einem Propangas-Benzin-Gemisch bestehenden Bomben nicht explodiert – der Sauerstoffgehalt in den als Sprengsatz dienenden Gasflaschen sei zu gering gewesen.

Nach Untersuchungen von Kriminaltechnikern hätten die beiden in Regionalexpresslinien nach Hamm und Koblenz deponierten Bomben im Fall einer Explosion eine Splitterwirkung von bis zu 100 Meter gehabt und einen großen Feuerball ausgelöst. Auch Anschläge auf Stadien der Fußball-WM und Brücken habe das Duo erwogen, diese letztendlich aber wegen hoher Sicherheitsvorkehrungen oder der mangelnder Sprengkraft ihrer Bomben wieder verworfen.

In seiner mehrstündigen, 38 handschriftlichen Seiten umfassenden Einlassung, die bei Redaktionsschluss noch andauerte, betonte El Haj Dib gestern aber immer wieder, sein wie er selbst aus dem Libanon stammender 22-jähriger Mittäter Hamad habe ihn zu dem Anschlag gedrängt. „Er hat gesagt, dass sei meine religiöse Pflicht. Und wenn ich ihm nicht helfen würde, sei ich ein Abtrünniger.“ Hintergrund der Planung des Bombenanschlags sei dann der Tod des Al-Qaida-Führers Abu Mussab al-Sarkawi im Irak gewesen, den er bewundert habe. Ohne die Beeinflussung durch Dschihad Hamad sei es ihm „nie in den Sinn gekommen, Zivilisten zu töten“, auch wenn er Anhänger der radikalen Palästinenserorganisation Hamas sei, so der Kieler Student.

Dschihad Hamad aber, der in Beirut bereits zu 12 Jahren Haft verurteilt wurde, hat während seines Prozesses ähnlich argumentiert: Seiner Aussage nach war der jetzt in Düsseldorf vor Gericht stehende El Haj Dib Drahtzieher der Attentatsversuche – dieser wurde deshalb am 18. Dezember von dem Beiruter Gericht zu lebenslanger Haft verurteilt. Am gleichen Tag begann auch sein Prozess in Düsseldorf.

Entlasten könnte den trotz Bart jugendlich wirkenden El Haj Dib dagegen die Aussage Hamads, die Bomben seien Attrappen gewesen, die gar nicht explodieren sollten. Im letzten Moment habe man sich umentschieden und die Drähte der beiden selbstgebastelten Zündkapseln ausgetauscht. Johannes Pausch, Düsseldorfer Anwalt von El Haj Dib, wertet dies als entlastenden „Rücktritt von der Tat“. Dem aber hatten BKA-Beamte, die Hamad in Beirut verhört hatten, widersprochen: „Die hatten ganz klar vor, die Bomben hochgehen zu lassen.“

ANDREAS WYPUTTA