Gründungsberatung im Unruhestand

Seit zehn Jahren betreuen in Bremen ehemalige UnternehmerInnen Menschen, die sich eine Existenz aufbauen wollen. Im Rahmen des bundesweiten „Alt hilft Jung“-Projektes wurden in Bremen bereits 3.000 GründerInnen beraten. Die Neu-Selbständigen sollen aus den Fehlern der „Alten“ lernen

Wer selbständig arbeitet oder eine Existenzgründung anstrebt, sollte sich die START-Messe im Kalender notieren. Am 11. und 12. April geht es im Messe Centrum um Existenzgründung, Franchising und junge Unternehmen. In Vorträgen und Workshops geben Fachleute Rat zu relevanten Fragen. Die Themen reichen von der Findung neuer Geschäftsideen über die Möglichkeiten der Unternehmensfinanzierung und Fördermittel bis zur Lösung konkreter Fragestellungen aus dem geschäftlichen Alltag. Weitere Themenschwerpunkte sind innovative Ideen und technologieorientierte Gründungen, Wachstumsstrategien sowie Recht und Steuern. Die Bagis wird zu Existenzgründung aus der Arbeitslosigkeit informieren, MitarbeiterInnen von Bremer Finanzbehörden erklären, warum Selbstständige „keine Angst vor dem Finanzamt“ haben brauchen. Auch VertreterInnen von Banken sind vor Ort zu sprechen. Zu den Ausstellern gehören außerdem das Ministerium für Wirtschaft und Technologie sowie die Mitglieder der Bremer Existenzgründungsinitiative. taz

Informationen unter www.start-messe.de

von Maja Hoock

Eine Idee ist da, das zugehörige Konzept auch. Die Devise: unabhängig sein vom Chef. Endlich etwas Eigenes haben. Doch bei einer Existenzgründung werden JungunternehmerInnen mit vielen Fragen konfrontiert. Um diese zu beantworten, bieten UnternehmerInnen im Ruhestand Beratung und Betreuung an.

Der Bremer Senior Service e.V. (BSS) oder „Wirtschaftssenioren“, wie sich selbst nennen, hat seit seiner Entstehung vor 10 Jahren über 3.000 Projekte begleitet, half beispielsweise bei der Gründung einer Agentur für Emissionshandel, eines mobilen Hundesalons und bei der Sicherung eines Verlages.

Der Geschäftsführer der Seniorenberater, Klaus Klasen, glaubt, dass durch die Zusammenarbeit der Generationen manche Startschwierigkeiten vermieden werden. „Der häufigste Anfängerfehler ist, dass Jungunternehmer den Markt – oder sich selbst im Markt – nicht richtig einschätzen. Wir können das besser beurteilen und sagen ihnen, wo sie ungefähr stehen“, sagt Klasen. Er selbst war dreißig Jahre in Nord- und Südamerika tätig, unter anderem für Unternehmen der Bank of America. Vor drei Jahren ist er aus dem Beruf ausgeschieden, seitdem ist er beim BSS angestellt.

Die Beratung verläuft unkompliziert: Zu Beginn eines Projektes verschaffen sich die BeraterInnen einen Überblick über die Pläne der ExistenzgründerInnen. Diese füllen ein Formular aus, beantworten Fragen zur Person und zu den Beratungswünschen. Nach der Auswertung werden notwendige Schritte gemeinsam erarbeitet. Dazu zählen Maßnahmen zur Absatzförderung. Etwa, wann und wie man wirkungsvoll Werbung einsetzt oder wie der Verkauf vernünftig organisiert wird.

„Beratung ist aber nicht unser einziges Angebot“, so Klasen. „Ein erheblicher Teil unserer Arbeit besteht aus Coaching, also aus Weiterbegleitung.“ Man könne so, etwa nach einem Monat, sehen, wie die ersten Bilanzen sind und korrigierend eingreifen. Hilfe wird auch bei den oftmals komplizierten Verhandlungen mit Banken, Behörden und Versicherungen angeboten. Die Berater führen Telefongespräche und helfen beim Briefverkehr.

In Bremen kümmern sich etwa 65 Mitglieder, davon drei Frauen, um die zunehmenden Beratungsaufträge. Klasen: „Zu Beginn waren es um die 200, letztes Jahr schon 600 Aufträge. Aber wir kommen immer noch allen nach.“ Klar müsse trotz aller Hilfsbereitschaft sein, dass es Grenzen gibt. Der Service umfasst Ratschläge und Unterstützung – die Berater greifen aber nicht aktiv in den Betrieb ein.

Auch wenn es nicht mehr ums eigene Kapital geht, die einstigen „Businesspeople“ wägen ab, ob es sich lohnt, Arbeit zu investieren. Von Projekten, die in ihren Augen von Anfang an zum Scheitern verurteilt sind, wird unmissverständlich abgeraten: „Erfolgreiche Existenzgründer sind diejenigen, die eine gute Marktkenntnis haben und bereit sind, Arbeit in ihre Idee zu investieren. Das ist sehr wichtig und definitiv nicht bei allen so. Die Tragfähigkeit der Existenzgründungen muss gut geprüft werden“, so Klasen. Größere Schäden oder Schuldenfallen wären so vermeidbar. Auch müsse den Hilfesuchenden klar sein, dass der erteilte Rat kein juristischer ist – der Verein übernimmt keinerlei Haftung.

Der Gründer und Vorstandsvorsitzender des BSS, Curt Brandis, ein ehemaliger Manager bei ThyssenKrupp, gewann 2006 den Bremer Bürgerpreis für sein Engagement. Gegründet hat er den Verein, weil er mitbekommen hat, dass sich jüngere UnternehmerInnen mehr Beratung wünschen. Er finde die Arbeit mit den ExistenzgründerInnen sehr befriedigend, sagt er. Aber auch: „Es gibt im Laufe der Zeit natürlich positive und negative Erfahrungen.“ Als Negativbeispiel seiner Arbeit schildert er ein Projekt, bei dem ein PR-Mann gemeinsam mit einer Krankenschwester karitative Einrichtungen beraten wollte. Als sie ein teures Büro anmieten wollten, riet Brandis ihnen ab. Sie arbeiteten darum zunächst in der eigenen Wohnung, um Geld zu sparen. Als dann die MitarbeiterInnenzahl stieg, mieteten sie doch einen Raum und nahmen einen Kredit auf. Auf Nachfrage erfuhr Brandis, dass keine Eröffnungsbilanz existierte, aus der man den Verbleib des Geldes hätte ablesen können.

Das zeige eine der größten Gefahren für Jungunternehmer, sagt Brandis: Oft wüssten sie nicht mehr, wo ihr Geld geblieben ist. Was aus dem Unternehmen geworden ist, kann Brandis heute nicht mehr sagen: „Diesen Fall habe ich nicht weiterverfolgt.“ Dennoch fällt seine Bilanz positiv aus: „67 Prozent der betreuten Existenzgründer sind noch tätig, wenn wir ein Jahr nach der Beratung nachfragen.“

Die Wirtschaftssenioren des BSS, die Mitglieder der Bundesarbeitsgemeinschaft „Alt hilft jung“ sind, arbeiten ehrenamtlich. Nur persönliche Kosten, wie Telefon und eventuelle Reisekosten sollen von den Beratenden gedeckt werden.

Eine Konkurrenz zu anderen BeraterInnen in Bremen, die Geld für ihre Arbeit nehmen, bestehe nicht, sagt Tania Neubauer, Leiterin der Bremer Beratungs-Initiative B.E.G.IN. 15 Institutionen, die in Bremen und umzu unterschiedliche Leistungen für junge Unternehmen anbieten, gehören dazu, darunter auch die Wirtschaftssenioren.

Mehr Informationen: www.begin24.de