Gewickelt und wohlauf

Viele Wickelauflagen enthalten gefährliche Chemikalien. Auch wackelige Wickeltische sind ein unterschätztes Risiko. Der häufigste Unfall im Säuglingsalter ist der Sturz beim Windelnwechseln

Wenn das Kind sich beim Sturz vom Wickeltisch verletzt hat, sofort einen Notarzt rufen oder in ein Krankenhaus fahren.

Selbst wenn ein Baby nach einem Sturz keine Beschwerden zu haben scheint, sollten Eltern es die kommenden Stunden aufmerksam beobachten und dabei seinen Puls und seine Atmung kontrollieren. Dazu das Kind flach hinlegen, ein Kissen unter den Kopf schieben und zudecken. Das Kleine darf aber nicht einschlafen!

Wird das Kind bewusstlos oder übergibt es sich, sofort einen Rettungswagen rufen. Das gilt auch für Alarmzeichen wie Krampfanfälle, ungleich große Pupillen, wenn Flüssigkeit aus Nase oder Ohr tritt oder das Kind über schwere Kopfschmerzen klagt.

VON PIA M. SOMMER

In kaum einer Familie geht es ohne: Ein Wickeltisch gehört quasi zur Grundausstattung, wenn ein Baby kommt. Er erleichtert das mehrmalige Wickeln am Tag nach den kleinen und großen Geschäften. Die Windeln sollten nämlich mindestens alle vier Stunden gewechselt werden, damit die Babyhaut nicht wund wird. Damit sich das Kleine dabei wohlfühlt, liegt es auf einer Wickelauflage. Die gibt Sicherheit – erhöhte Ränder sollen verhindern, dass der Sprössling beim Strampeln und Spielen herunterfällt. Die ist weich – weil sie mit Schaumstoff, Baumwolle oder Kunststoffkügelchen gefüllt ist. Und die enthält leider oft Schadstoffe – wie eine Analyse der Zeitschrift Öko-Test ergeben hat.

Von 18 untersuchten Wickelauflagen bekam die Hälfte die Noten „mangelhaft“ oder „ungenügend“, berichtet Öko-Test (1/2008). Sechs Produkte beurteilten die Prüfer mit „ausreichend“ oder „befriedigend“. Nur drei Wickelauflagen bewerteten sie mit „sehr gut“. Das waren Babybutt Komfort Kuschel-Eisbär hellblau, Prolana Wickelauflage Fantasia Bio-Baumwolle und Wickelauflage Satin Zwerge von Hess Natur.

Alle anderen Wickelauflagen enthielten Schadstoffe, darunter krebserregende Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) und Weichmacher sowie Triphenylphosphat, das Kontaktallergien auslösen kann. Zwei Produkte dürften laut den Experten gar nicht erst verkauft werden, weil sie über 0,1 Prozent des gesetzlich reglementierten Phthalats DEHP enthalten. Dies ist laut Öko-Test bei der Bruin-Wickelauflage 2-teilig rot/weiß und Easy- Baby-Wickelauflage natur/braun-gestreift der Fall.

Zur weiteren Sicherheit sollten Eltern beim Kauf einer Wickelauflage darauf achten, dass sie hochgezogene Ränder an der Seite und beim Kopf hat. Diese dürfen jedoch nicht höher sein als die Seitenränder des Wickeltischs, da sie sonst nicht ausreichend vor Herunterfallen schützen.

Grundsätzlich gilt: Ein Wickeltisch muss stabil sein. Den Rücken der Eltern schont es am besten, wenn der Tisch Bauchhöhe hat, also zwischen 85 bis 95 Zentimeter hoch ist. Die Wickelfläche sollte mindestens 55 Zentimeter tief und 70 Zentimeter breit sein, empfiehlt die Bundesarbeitsgemeinschaft „Mehr Sicherheit für Kinder“. Rund um die Wickelfläche darf es keine leicht lösbaren Teile oder Stellen geben, in denen sich ein Baby mit Fingern, Gliedern oder seinem Kopf verfangen kann. Alle Ecken und Kanten müssen abgerundet sein, und über dem Wickeltisch sollten etwa 55 Zentimeter frei bleiben.

Kleinkinder fühlen sich am wohlsten, wenn es im Raum zwischen 22 und 24 Grad Celsius warm ist. In der kalten Jahreszeit lässt sich die Wickelauflage mit einem speziellen Heizstrahler anwärmen. Das Gerät muss aber so angebracht sein, dass das Kind ihn nicht berühren oder am Kabel auf sich herunterziehen kann.

Die größte Gefahr für ein Unglück lauert jedoch woanders. Der Sturz vom Wickeltisch ist bei Säuglingen der häufigste Unfall. Gefährdet sind vor allem Kinder bis zu einem Jahr, ergab eine österreichische Studie. 97 Prozent der Kinder erlitten Kopfverletzungen, davon fast ein Drittel Schädelbrüche oder Gehirnerschütterungen. Das liegt vor allem daran, dass Kinder im ersten Lebensjahr motorisch noch nicht in der Lage sind, einen Sturz auf den Kopf durch Abwehren mit den Armen zu verhindern oder den Aufprall abzuschwächen. Die Proportionen ihres Körpers tun ein Übriges: Sie fallen mit ihrem schweren Kopf zuerst auf den Boden.

Es überrascht, aber in der Mehrzahl der Unfälle ist ein Elternteil anwesend. In der Untersuchung gaben 60 Prozent der wickelnden Personen sogar an, zum Zeitpunkt des Unfalls nicht abgelenkt gewesen zu sein. Vielmehr führte Unruhe der Kinder oder Hektik beim Wickeln zum Sturz. Plötzlich dreht der Knirps sich unter den Händen der Mutter oder des Vaters weg – und schon passiert es, das Baby ist nicht mehr zu halten. Das geschieht oft nach dem Baden oder Einölen des Kindes, wenn sein Körper nass oder glitschig ist.

Damit ein Kind nicht so leicht herunterfällt, sollte ein Wickeltisch hohe Randleisten an den Seiten und am Fußende habe. Gut ist es, den Wickeltisch in einer Ecke aufzustellen – dann sind zwei Seiten schon mal gesichert. Wichtig: Eltern dürfen ein Baby beim Wickeln nie aus den Augen lassen und müssen es immer mit einer Hand festhalten, sagt Professor Günter Lob von der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie. Sie sollten ihr Kind nie allein auf dem Wickeltisch zurücklassen, wenn sie mal kurz aus dem Zimmer müssen, sondern es auf den Boden oder ins Bettchen legen.