Bischof für Scharia

Oberhaupt der anglikanischen Kirche will islamisches Recht „in das britische Rechtssystem integrieren“

DUBLIN taz ■ Das Oberhaupt der anglikanischen Kirche in Großbritannien hat seine Schäfchen aufgescheucht. In einem Rede in London vor mehr als 1.000 Menschen am Donnerstagabend sagte Rowan Williams, der Erzbischof von Canterbury, er halte es für „unvermeidlich, dass einige Aspekte der Scharia in das britische Rechtssystem integriert“ werden.

Wenn man dem islamischen Recht offiziellen Status einräumte, könne das soziale Spannungen vermeiden, sagte Williams. In einem Interview mit der BBC fügte er hinzu, man müsse den Tatsachen ins Auge sehen: Islamisches Recht werde in Großbritannien ohnehin bereits praktiziert. Die „unmenschlichen Teile der Scharia“, wie zum Beispiel die Behandlung von Frauen, möchte Williams allerdings nicht ins britische Rechtssystem übernehmen. Die Bemerkungen des Erzbischofs lösten gestern in der britischen Presse heftige Reaktionen aus. Viele Kommentatoren sowie die meisten Leser fragten sich, ob Williams noch recht bei Trost sei. Der britische Premierminister Gordon Brown drückte es höflicher aus. „Die Scharia kann weder eine Rechtfertigung für den Verstoß gegen englische Gesetze sein, noch kann islamisches Recht in einen Zivilprozess um Vertragsstreitigkeiten einbezogen werden“, ließ er durch seinen Sprecher ausrichten.

RALF SOTSCHECK