nazilied im unterricht
: Verdächtiger Staatsanwalt

Sarkastisch könnte man sagen: Die Oldenburger Staatsanwaltschaft betritt ganz neue Wege. Sie hat die Ermittlungen gegen einen – wie auch immer durchgeknallten – Delmenhorster Musiklehrer eingestellt. Der hatte seine Schüler gezwungen, Lieder mit Textzeilen wie „Führer, wir gehören dir“ zu singen und sie zum Hitlergruß aufgefordert.

KOMMENTAR VON BENNO SCHIRRMEISTER

Die Staatsanwaltschaft behauptet nun: Das sei kein Fall für sie, schließlich wäre der Unterricht an einer öffentlichen Schule nicht öffentlich.

Hört sich nicht nur schrill an. Ist auch juristisch schrill: Den öffentlichen Charakter der Schulen im Sinne des Strafrechts hat das Bundesverfassungsgericht zuletzt in seinen Urteilen zu Schulverweigerung und Kopftüchern breit erörtert. Und bestätigt.

Aber auch das Strafgesetzbuch selbst gibt deutliche Hinweise: Der einschlägige Paragraf 86 bestimmt konkret die Ausnahmen, in denen für den Unterricht auf „Propagandamittel verfassungswidriger Organisationen“ zurückgegriffen werden darf. Diese Ausnahmen zu bestimmen ist nur sinnvoll, weil dieser Bereich eben nicht von der Strafverfolgung ausgenommen ist. Was bedeutet: Der ermittelnde Staatsanwalt durfte das Verfahren nicht mit dieser Begründung einstellen. Dass er es getan hat, muss ihn selbst zum Gegenstand von Ermittlungen machen. Er ist der Rechtsbeugung dringend verdächtig.