Geliebte Landsleute!

(…) Es ist der Moment gekommen, den Staatsrat, dessen Vorsitzenden, seine Stellvertreter und den Sekretär des Staatsrates zu wählen. Ich habe das ehrenvolle Amt des Präsidenten viele Jahre lang innegehabt. (…)

In Kenntnis meines kritischen Gesundheitszustandes glaubten viele im Ausland, dass der vorübergehende Rücktritt von meinem Posten als Staatsratspräsident am 31. Juli 2006, den ich in den Händen des ersten Vizepräsidenten Raúl Castro Ruz ließ, endgültig sei. Raúl (…) und die weiteren Genossen der Partei- und Staatsführung wollten mich trotz meines schlechten Gesundheitszustandes nicht aus dem öffentlichen Leben entlassen.

Meine Position gegenüber einem Gegner, der alles nur erdenkliche versucht hatte, um mich loszuwerden, war unkomfortabel, und ich hatte keine Lust, ihm einen Gefallen zu tun. In meiner erzwungenen Auszeit konnte ich viel lesen und nachdenken. (…) Der gesunde Menschenverstand sagte mir, dass ich weitermachen könnte, andererseits habe ich mich immer bemüht, über meinen Gesundheitszustand keine falschen Hoffnungen zu erwecken. Ich wusste, dass gegenteilige Nachrichten auf unser kämpfendes Volk traumatisch wirken könnten. Nach so vielen Jahren war es daher meine oberste Pflicht, unser Volk psychologisch und politisch auf meine Abwesenheit vorzubereiten. Deshalb habe ich immer wieder darauf hingewiesen, dass meine Gesundung „nicht ohne Risiken“ sei. (…)

Meinen lieben Landsleuten (…) teile ich mit, dass ich die Ämter des Staatsratspräsidenten und des Oberkommandierenden weder anstreben noch akzeptieren werde – ich wiederhole: weder anstreben noch akzeptieren. (…) Es wäre Verrat an meinem Gewissen, eine Verantwortung zu akzeptieren, die mehr Mobilität und Hingabe erfordert, als ich körperlich zu leisten in der Lage bin. Ich sage das ganz ohne jede Dramatik.

Zum Glück kann unsere Revolution noch immer auf Kader aus der alten Garde bauen und auf andere, die in den frühen Phasen des Prozesses sehr jung waren. Einige waren sehr jung, fast noch Kinder, als sie sich dem Kampf in den Bergen anschlossen. (…) Sie verfügen über die Autorität und die Erfahrung, um die Nachfolge zu garantieren. Auch die mittlere Generation, die mit uns gemeinsam die Grundlagen der komplexen und fast unerreichbaren Kunst gelegt hat, eine Revolution zu organisieren und zu führen.

Der Weg wird immer schwierig sein, und er wird die Anstrengung aller erfordern. Ich misstraue den scheinbar leichten Wegen der Apologetik oder ihrer Antithese, der Selbstgeißelung. So klug im Erfolg sein wie unbeirrbar in der Ablehnung ist ein Prinzip, das nicht vergessen werden darf. Der Gegner, den es zu besiegen gilt, ist sehr stark, aber wir haben ihn ein halbes Jahrhundert lang auf Distanz halten können.

Ich verabschiede mich nicht von euch. Ich möchte nur als ein Soldat der Ideen weiterkämpfen. Ich werde meine Kolumne unter dem Titel „Reflexionen des compañero Fidel“ [statt comandante; A.d.R.] weiter schreiben. (…) Vielleicht wird meine Stimme gehört. Ich werde vorsichtig sein. Danke. FIDEL CASTRO RUZ