Der treue Diener Seiner Durchlaucht

Otmar Hasler, 54, hatte sich auf seinen Berlinbesuch gefreut. Nun verdirbt ihm die Steueraffäre das Vergnügen. Denn unter Druck kommt der frühere Volksschullehrer schnell an seine Grenzen FOTO: AP

Dass ausgerechnet ihm das passieren musste. Seit Wochen freute sich Liechtensteins Ministerpräsident Otmar Hasler auf den Besuch bei der deutschen Bundeskanzlerin und Parteikollegin Angela Merkel. Heute gibt es für Hasler und seine Regierung keine Zweifel mehr, dass die Bundesregierung in Berlin die Lawine mit den unversteuerten Millionenvermögen nicht zufällig zu diesem Zeitpunkt losgetreten hat.

Da könnte man annehmen, der Regierungschef des Zwergstaates werde mit der Bundeskanzlerin und dem Finanzminister Klartext sprechen. Ein Trugschluss. Der 54-jährige ehemalige Volksschullehrer ist keine Kämpfernatur und ein Mann ohne Ecken und Kanten, der sich zum Ziel gesetzt hat, es möglichst allen im 35.000-Einwohner-Land recht zu machen. „Keiner hat es in den letzten Jahren so gut verstanden, den nassen Finger in den Wind zu halten“, sagt ein Abgeordneter der Opposition.

Der Erfolg hat Hasler Recht gegeben. Als ihn die Fortschrittliche Bürgerpartei (FBP) vor sieben Jahren zum Kandidaten für das Amt des Regierungschefs kürte, glaubte keiner ernsthaft daran, dass es Hasler und seiner Partei gelingen würde, die seit Jahren regierende Vaterländische Union (VU) mit Regierungschef Mario Frick von der Macht zu verdrängen.

Ideologisch unterscheiden sich FBP und VU kaum. Aber bei der Haltung gegenüber dem mächtigen Fürstenhaus trennen sie Welten. Während die VU dem Volk, dem Parlament und der Regierung mehr politische Rechte einräumen wollte und Fürst Hans-Adam II. bei seiner umstrittenen Verfassungsreform jahrelang erfolgreich Widerstand leistete, wurde die FBP unter Otmar Hasler zur fürstentreuen Partei. Die Bücklinge gegenüber Hans-Adam II. zahlten sich aus: 2001 wurde Hasler zum ersten Mal Regierungschef. Kaum im Amt, sorgte er mit seiner Partei dafür, dass die Verfassungsdebatte wieder Schwung bekam und der Fürst all seine Vorschläge in Richtung einer absolutistischen Monarchie durchbringen konnte. Die fürstenkritische VU erlebte ein Debakel und wurde für vier Jahre in die Opposition geschickt.

Otmar Hasler avancierte zum beliebten Landesvater, der streng darauf achtete, das Volk nicht allzu oft zu verärgern. Innenpolitisch heiße Eisen wurden von seiner Regierung gar nicht erst angefasst. Reformen, die niemandem wehtaten, wurden als große Errungenschaften verkauft.

Sollte Otmar Hasler im Bundeskanzleramt in Berlin wider Erwarten doch Haltung beweisen, gibt es dafür nur eine Erklärung: Der treue Diener Seiner Durchlaucht wird vor Angela Merkel nur das sagen, was ihm Fürst Hans-Adam in den letzten Tagen eingetrichtert hat.

MARKUS ROHNER