WAS MACHT EIGENTLICH ... Liechtensteins Regierungschef?
: Leiden

Wenn man jemanden richtig hasst, sollte man ihm nicht die Pest an den Hals wünschen. Der Erfolg dieser Verwünschung ist aufgrund in den vergangenen Jahrhunderten stetig verbesserter Hygiene relativ gering. Effektiver ist es, jemanden dazu zu verdammen, sein Leben in einem diplomatischen Korsett fristen zu müssen. Dessen Enge bekommt derzeit Liechtensteins Regierungschef zu spüren.

Als Otmar Haslers Leute seine offizielle Visite in Berlin planten, ahnte niemand, dass der Name des winzigen Fürstentums bald darauf synonym für alles Böse des Kapitalismus stehen würde. Und das ausgerechnet während des ersten Staatsbesuchs beim großen Nachbarn seit 16 Jahren! Aber so ist Diplomatie nun mal: Die Show muss weitergehen, so als sei nichts gewesen.

Am Mittwoch nun durchlitt der 54-Jährige öffentlich seine Passion. Zu den angenehmeren Stationen des Kreuzwegs zählte Haslers Gang durch das Brandenburger Tor, gemeinsam mit dem Regierenden Bürgermeister. Auch die Eintragung ins Goldene Buch der Stadt war recht schmerzarm.

Nach dem Höflichkeitsklimbim traf Hasler hinter verschlossenen Türen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Peer Steinbrück. Dort wird der studierte Lehrer sicher größere Mühe gehabt haben, seine oft gerühmte Freundlichkeit beizubehalten.

Zumindest die Berliner mühen sich, Haslers Leiden zu lindern. Seit Aufkommen der Steueraffäre hat es in der Hauptstadt keine Razzia gegeben. Es ist schön, wenn der Schmerz nachlässt. MLO FOTO: AP