Grüne Brücken für gesunde Gene

Umweltschützer und Jäger fordern endlich mehr naturraumverbindende Korridore

BERLIN taz ■ Umweltschützer und Jäger fordern mehr Bewegungsfreiheit für Otter, Luchse, Wildkatzen und Co. „Wir brauchen als ersten Schritt bis 2020 jährlich 15 Grünbrücken über Autobahnen und Schienenwege“, erklärte Olaf Tschimpke, Präsident des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu), auf der gestrigen Tagung „Wege aus der Zerschneidung von Lebensräumen“.

Das ist seit Jahren ein zunehmendes Problem: In der deutschen Landschaft behindern Straßen, Schienen und Siedlungen eine natürliche Wanderung des Wildes – und damit die genetische Sicherheit der Spezies. Während sich etwa auf der linken Autobahnseite Rotwild tummelt, stirbt es auf der rechten Seite aus – weil bestimmte Krankheitsmerkmale innerhalb der rechten Gruppe immer neu vererbt werden. Käme die linke und die rechte Gruppe hingegen zusammen, würde der natürlichen Gen-Austausch den Defekt beheben können. Abhilfe schaffen könnte eine Vernetzung der Gruppen durch Grünbrücken – bebuschte und bebaumte Schutzkorridore über die Verkehrswege der Menschen.

Das ist nicht neu. Bereits vor Jahresfrist hatte der Nabu einen sogenannten Bundeswildwegeplan vorgelegt. Die Idee: Wenn schon ein Bundesverkehrswegeplan die zunehmende Zersiedlung der Natur organisiert, müsse es einen adäquaten „Reparaturplan“ geben. Nur es passiert eben nichts. Im Gegenteil: Der Investitionsrahmenplan des Bundesverkehrsministeriums gibt an, in den nächsten 22 Monaten mehrere tausend Kilometer Straße neu bauen zu wollen.

Deshalb haben sich die Tierschützer nun ausgerechnet mit den Jägern verbündet. Neben dem Bund für Umwelt und Naturschutz BUND und dem Nabu unterstützt auch der Deutsche Jagdschutz-Verband den Forderungskatalog. Demnach soll der Biotopverbund über das geplante Umweltgesetzbuch garantiert werden. „Dadurch bekäme der Biotopverbund endlich eine rechtliche Grundlage“, erklärte die frühere Umweltministerin Sachsen-Anhalts, Heidrun Heidecke, die heute Expertin beim BUND ist.

Allerdings sieht es wiederum schlecht aus für die Forderung der Umweltschützer. „Das Bundesverkehrsministerium und das Bundeslandwirtschaftsministerium sind die Quertreiber im Gesetzgebungsprozess“, moniert Magnus Herrmann von Nabu. Neuen Druck für Luchs, Wildkatze und Co. erhoffen sich die Umweltschützer jetzt vom Bündnis mit den Jägern: Deren Lobby hat gute Verbindung zum Agrarminister. EVA BERENDSEN