CDU/Grün: So nah und doch so fern

Zwischen Schwarz und Grün in Hamburg sind etliche Knackpunkte auszuräumen

HAMBURG taz ■ Am heutigen Donnerstagabend trifft sich die Landesmitgliederversammlung (LMV) der Grün-Alternativen Liste, um über die Einladung der CDU zu einem Sondierungsgespräch zu sprechen. Die Basis wird Spitzenkandidatin Christa Goetsch und Parteichefin Anja Hajduk das Mandat für dieses Gespräch erteilen. Die größten Knackpunkte zwischen CDU und Grünen sind:

Schulpolitik: Die CDU plant, das dreigliedrige Schulsystem über den Haufen zu werfen. Es soll ein Zwei-Säulen-Modell aus Gymnasien und Stadtteilschulen entstehen – an beiden Schulformen kann das Abitur erworben werden. Der Weiterbestand der Gymnasien ist für Ole von Beust „nicht verhandelbar“. Auch die Grünen dringen auf eine Komplettumbau des Schulsystems, allerdings radikaler als die CDU. Die Grünen wollen eine neunjährige „Schule für alle“ nach skandinavischem Vorbild einführen. Kompromissfähigkeit: Hamburger Lokalpolitiker sagen: Das sei unvereinbar. Beobachter aus anderen Ländern kommen zu dem Schluss: So nah waren sich Union und Grüne in der Bildungspolitik noch nie.

Bildungsgebühren: Die CDU hat eine Reihe von Gebühren in Kindertagesstätten und Vorschulen sowie an Hochschulen eingeführt und die Lernmittelfreiheit abgeschafft. Die Hamburger Grünen wollen in allen Punkten das Gegenteil: Kompromissfähigkeit: CDU setzt zwei Drittel durch.

Sozial- und Arbeitsmarktpolitik: Sie war unter dem Slogan „Soziale Spaltung“ ein Hauptthema von Grünen und SPD. Die Förderprogramme der CDU für einzelne Stadtteile seien nur Kosmetik. Die Grünen verlangen viel Geld für eine koordinierte Arbeitsmarkt- und Sozialwohnungsbaupolitik sowie Armutsbekämpfung, etwa mit der Förderung von 5.000 gemeinnützigen Jobs. Kompromissfähigkeit: Die Grün-Alternative Liste setzt zwei Drittel durch.

Elbvertiefung und Hafenausbau: Für Bürgermeister Ole von Beust ist beides nicht verhandelbar. Die Grünen lehnen die erneute Vertiefung des Flusses aus ökologischen Gründen ab und fordern ein nationales Hafenkonzept mit Arbeitsteilung zwischen Hamburg, Bremen und Wilhelmshaven. Kompromissfähigkeit: nein.

Klimaschutz: Der Bau des Kohlekraftwerks Moorburg durch den Energiekonzern Vattenfall wird von der CDU verteidigt. Grün lehnt das „Klima-Monster“ strikt ab. Ob der Vertrag zwischen Hamburg und Vattenfall geändert werden kann, ist fraglich. Die Grünen werden Moorburg nicht verhindern können. Kompromissfähigkeit: nein.

Energie: Die Grünen wollen kommunale Stadtwerke gründen und die Gas- und Stromnetze wieder in öffentliche Hand übernehmen. Hamburg soll Modellregion für Erneuerbare Energien und Energieeffizienz werden. Die CDU besteht bisher auf einem Energiemix aus Kohle, Gas, erneuerbaren Energien und Atomkraft. Kompromissfähigkeit: ja.

Verkehrspolitik: Die CDU beharrt auf dem Bau einer 3,5 Kilometer langen U-Bahn in die neue Hafencity für 300 Millionen Euro. Grüne halten das für Steuerverschwendung und möchte für den doppelten Betrag ein 40 Kilometer langes Stadtbahnnetz von der City in sozial schwache Stadtteile bauen. Der Bau ist wegen geschlossener Verträge nicht mehr zu stoppen, sagt die CDU. Kompromissfähigkeit: ja. Die U-Bahn wird gebaut und oberirdisch und „stadtbahnähnlich“ verlängert.

Direkte Demokratie: Der CDU-Senat hat sich über zwei Volksentscheide hinweggesetzt. Die Grünen wollen die Verbindlichkeit von Referenden in der Verfassung verankern. Kompromissfähigkeit: ja. Verbindlichkeit, aber höhere Zustimmungsquoren. SVEN-MICHAEL VEIT