Auf dem Absprung

Skisprung-Bundestrainer Peter Rohwein verkündet seine „einvernehmliche“ Trennung vom Deutschen Skiverband zum Saisonende. Vorausgegangen waren Querelen mit der Verbandsführung – und schlechte Ergebnisse deutscher Springer

„Wir trennen uns. Im gegenseitigen Einvernehmen“

VON KATHRIN ZEILMANN

Das Teamspringen in Lahti ist ausgefallen, weil der Wind am Samstag in der finnischen Stadt zu stark wehte. Peter Rohwein musste sich also nicht noch einmal mit ansehen, wie sich seine Skispringer vergeblich mühen, zumindest annähernd so modern und erfolgreich zu springen wie etwa die Finnen, Österreicher, Norweger oder Schweizer. Noch ein paar Wettbewerbe, bis dieser Weltcupwinter zu Ende geht, muss er aushalten, dann kann er in seinem Lebenslauf notieren: Von Oktober 2004 bis März 2008: Cheftrainer der deutschen Skisprung-Nationalmannschaft.

Als bei der Skiflug-WM in Oberstdorf die deutschen Möchtegern-Flieger erneut böse abstürzten, kündigten DSV-Präsident Alfons Hörmann und sein Sportdirektor Thomas Pfüller eine Zäsur in der Skisprung-Abteilung an. Rohweins Rücktritt stand bevor, doch auszusprechen traute sich das niemand. Tapfer setzte sich Rohwein tags darauf noch ins Studio des Bayerischen Fernsehens, er lobte den Verband und meckerte nur ein bisschen über die TV-Experten und die aus Österreich importierten Stützpunkttrainer.

In einem Spiegel-Interview war er indes weit weniger zurückhaltend. Er sagte: „Wir trennen uns. Das steht fest. Im gegenseitigen Einvernehmen.“ Als die Interview-Aussagen am Samstag bekannt wurden, ist Rohwein wohl selbst ein wenig erschrocken ob der Deutlichkeit der Worte. War er in seinen Jahren als Cheftrainer doch stets als einer aufgefallen, der Worte bedächtig abwog. Aufgebauscht worden sei das alles, ließ er von Lahti aus via TV in die Heimat ausrichten. Als ob Rohwein nicht wüsste, dass ein Interview mit einem Nachrichtenmagazin nicht wirklich dem Beichtgeheimnis unterliegt.

Die Worte standen also im Raum, er hat ja noch viel mehr gesagt als die Ankündigung, dass er nicht mehr länger Cheftrainer sein wird. Er hat die Verbandsführung kritisiert, vor allem der technische Leiter Rudi Tusch habe ihm übel mitgespielt. Das umstrittene Konzept, den Stützpunkten samt den dort engagierten Trainern große Freiheiten zu geben, habe er so nie gewollt, sagt Rohwein: „Drei Wochen lang habe ich dagegen gekämpft, versucht, die Verantwortlichen zu überreden, und mich dann doch mit ein paar Zugeständnissen zufriedenstellen lassen. Das war mein größter Fehler.“ Rohwein war zu brav für diesen Job. Er ist ein fleißiger Verbandsarbeiter, aber ihm fehlen das Charisma einer großen Trainerfigur und der Mut, auch einmal ungewöhnliche Wege zu gehen. Die Wege, die ihm Tusch vordiktiert hat, führten in die Sackgasse, die beteiligten Trainer rieben sich im Kompetenzgerangel auf, den Springern fehlten Ansprechpartner, weil sie meist nicht wussten, wer für sie zuständig war.

Es dürfte dem Verband schwerfallen, einen neuen Chef zu finden, der dieses Wirrwarr erträgt. So kann sich Andreas Bauer, derzeit Sprungtrainer der Kombinierer, ganz lässig hinstellen und fordern, dass die Strukturen sich ändern müssen. Bauer gilt als aussichtsreichster Kandidat für die Rohwein-Nachfolge – auch wenn er noch ein wenig kokettiert mit den Erfolgen der Kombinierer und dass es deshalb keinen Grund zum Wechsel gebe. Aber Bauer war selbst einmal Spezialspringer, unter dem ehemaligen Bundestrainer Reinhard Heß war er einst B-Kader-Trainer, Cheftrainer der Skispringer wäre ein Schritt nach oben auf der Karriereleiter. Zumal bei ihm der Stachel immer noch tief sitzt, dass Wolfgang Steiert 2003 Heß in einer Nacht- und Nebelaktion entmachtete, sich selbst zum Chef machte und Bauer zu den Kombinierern komplimentiert wurde. Doch Bauer hat sich gut damit arrangiert, im Kombiniererlager ist er weit mehr als der Handlanger von Bundestrainer Hermann Weinbuch, er ist ein Trainer, den die Athleten respektieren und dem sie trauen.

Gegen einen Erfolgstrainer aus dem Ausland herrschen im DSV immer noch große Vorbehalte, außerdem ist Star-Trainer Mika Kojonkoski langfristig an das norwegische Team gebunden. Und der ehemalige Schweizer Cheftrainer Bernie Schödler genießt sein Leben als Nachwuchskoordinator. Bliebe einer der Österreicher an den Stützpunkten: Heinz Kuttins Oberhofer Schützling Andreas Wank ist in Zakopane soeben zweifacher Junioren-Weltmeister geworden – auch ein gutes Bewerbungsschreiben für den Cheftrainerposten.