Vorhang auf für vier Engel

Die No Angels werden Deutschland beim Eurovision Song Contest vertreten. Sie könnten Erfolg haben

Das war dann doch überraschend: dass das Frauenquartett No Angels am Donnerstag die deutsche Vorentscheidung zum Eurovision Song Contest gewinnen konnte. Mit ihrem Titel „Disappear“ schlugen sie die Musicalsängerin Carolin Fortenbacher und deren klassischen Schlager „Hinterm Horizont“ mit 50,5 Prozent der Televoting- und SMS-Stimmen. 5.000 Stimmeinheiten Differenz im Plus für die vier Frauen in ihrem dritten Frühling gegenüber der Solistin. Und das war immerhin ein kleiner Triumph der zeitgenössischen Unterhaltungsmusik gegenüber einem Titel, der ebenso gut in den Siebzigerjahren hätte erdacht werden können.

Auf der Strecke bei der Show im stucküberladenen Hamburger Schauspielhaus blieben alle Männer – sowohl Cinema Bizarre, die Kindergeburtstagsidole, wie die Spanisch singenden Jungs von Marquess. Die Frauen stachen sie alle aus – und zwar dem Vernehmen nach deutlich.

Aber die Show, in der das deutsche Lied für den 53. Eurovision Song Contest ausgewählt werden sollte, interessierte das Publikum nur begrenzt. Lediglich 3,47 Millionen Zuschauer guckten zu – viel mehr wollten beim ZDF den „Bergdoktor“ verfolgen und danach die Achtelfinalpartie von Bayer Leverkusen gegen den HSV. Nur 11 Prozent Marktanteil hatte der von Thomas Hermanns moderierte Abend. Dennoch: Trotz der jetzigen schlechten Quote verspricht die Entscheidung in Belgrad ein Quotenerfolg zu werden.

Denn die vier Damen haben in über der Hälfte der Eurovisionsländer Goldene Schallplatten ersungen – sie sind tatsächlich erfahren und bekannt im europäischen Ausland. Kritik an ihren Fummeln – eine Mischung aus sehr dünnem Gardinenstoff und David-Hamilton-Gazetextilien – prallte an ihnen ab: „Wir sind Frauen, die tragen, was ihnen steht“, mag als Kommentar zum aktuellen Stand des Feminismus und zum Internationalen Frauentag gelesen werden. Sie scheinen Königinnen ihrer selbst: „Wir wissen, was wir können“, sagten sie, „wir haben keine Angst und sind echt froh, diese Bühne in Belgrad haben zu können!“ Bitches also, frohe Zicken, die sich nicht die Butter von den Broten nehmen lassen. JAF