heute in bremen:
: „Elche, die in Altenheime einbrechen“

Jörg Zittlau erzählt in der Stadtbücherei von Pannen im Bauplan der Natur

taz: Herr Zittlau, Sie sagen, die Natur sei spielsüchtig. Was meinen Sie damit?

Jörg Zittlau, Wissenschaftsjournalist: Die Evolution ist kein zielgerichteter Prozess, bei dem nur die Fittesten überleben. Tatsächlich strotzen die hoch entwickelten Lebewesen nur so von kuriosen Fehlern.

Zum Beispiel?

Das leistungsfähige Gehirn des Elefanten hat sich aus einer Kette von Mängeln entwickelt, an dessen Ende der Rüssel stand. Es gibt Elche, die vorsätzlich gegorene Äpfel essen und dann – vom Alkohol ermutigt – in Altenheime einbrechen. Robben und Wale sind auch ein gutes Beispiel. Beide Tierarten können kein blau sehen.

Warum?

Weil die Vorfahren beider Tierarten zunächst in Flachwasser gelebt haben. Dieses Wasser ist grün. Die Fähigkeit blau wahrzunehmen ist dabei verkümmert.

Woher wissen Sie das?

Das ist Detektivarbeit, bei der die Zeugen lange tot sind. Robbe und Wal sind nicht direkt verwandt und zufällige Mutation damit auszuschließen. Ihre Gemeinsamkeit ist der Übergang vom Land ins Wasser. Hier muss der Ursprung des Fehlers liegen.

Gibt es beim Menschen auch Mängel?

Viele! Der aufrechte Gang zum Beispiel ist orthopädisch sehr problematisch, für die Entwicklung der Hand jedoch maßgeblich. Die Greiffähigkeit stimuliert – wie beim Elefanten – die Entwicklung unseres Gehirns beträchtlich.

fragen: Isabell Bürger

19 Uhr, Stadtbibliothek, Wall-Saal