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Neu in der Hachinger Schule

Lothar Matthäus tritt an zum achtwöchigen Sonderlehrgang und will endlich lizensierter Erfolgstrainer werden

MÜNCHEN taz ■ Seinen Trainingskollegen hatte Lothar Matthäus gestern noch nicht überzeugt. „Na ja, die erste Liga wird er wohl nie schaffen“, lautete das Urteil eines bayerischen Kreisligisten, der sich im verschwitzten Sportanzügen mit Fluppen in der Hand eine kleine Mittagspause vom Trainerlehrgang gönnte. Aber natürlich sei er schon ein guter, der Lothar.

Unbestritten war der Lothar ein guter Fußballspieler. Zum Weltfußballer wurde er 1991 gewählt, immer noch ist er Rekordnationalspieler. Aber weil die Karriere inzwischen nicht mehr ganz so rund läuft, hat Matthäus den DFB gebeten, ihm das Trainerhandwerk von der Pieke auf beizubringen. Gestern ging der achtwöchige Sonderlehrgang los in der Sportschule Oberhaching – und das Ziel ist klar für Matthäus: Endlich Erfolgstrainer werden. Eigentlich hat der fünfmalige WM-Teilnehmer bereits fünfmal als Trainer gearbeitet, aber nur in Ungarn und beim Millionenclub Salzburg durfte er länger als ein Jahr bleiben. Zurückgeblieben ist in der Branche und beim Publikum ein fader Nachgeschmack: Das Image eines fränkischen Raumausstatters, dem der Mund immer ein bisserl zu oft offen steht, um wirklich kompetent zu sein.

Daran hat wenig geändert, dass er in den vergangenen Monaten als iranischer und tschechischer Nationalcoach gehandelt wurde. In Deutschland gab’s von den Wort- und Ballführern weiter Spott und Missachtung. Als im Winter während der Trainersuche bei Bayern München sein Name aufkam, wurde er schnellstmöglich wieder abmoderiert. „Solange ich beim FC Bayern etwas zu sagen habe, wird Matthäus nicht mal als Greenkeeper im Klub arbeiten“, hatte Manager Uli Hoeneß schon vor Jahren gewettert.

Jetzt also die Sportschule Oberhaching. Hier will Lothar Matthäus zum echten, gelernten, anerkannten Trainer werden. Hier soll der Neuanfang gemacht werden. Und Matthäus schlägt sich gut bei seiner ersten Pressekonferenz als Trainer-Lehrling. Das dunkle Cordsakko passt zur Schülerrolle. Die Unterlippe hängt kaum, die Sätze sind weit stimmiger als bei einstigen bayerischen Ministerpräsidenten. Die Haltung ist launig, aber bescheiden („Das ganze Leben ist eine Schule“). Nur als ihn ein penetrant dutzender Fragesteller zu Trappatonis legendärem „Flasche leer“-Satz befragt, der vor exakt zehn Jahren gefallen war, verhaspelt sich Matthäus. „Grammatisch komisch“ sei dieser Satz erst in der deutschen Übersetzung geworden, verteidigt er seinen alten Weggefährten. Um dann der Journaille noch eins mitzugeben: „Ihr habt natürlich gut davon profitiert.“

Acht Wochen Einzelunterricht absolviert der 46-Jährige – am Ende soll die A-Lizenz stehen und damit endlich der Weg frei sein in die Bundesliga. Vorher wird allerdings erst einmal gebüffelt, um – so das Kernziel – wegzukommen von reinen Bauchentscheidungen. Ab kommender Woche wird das Programm dann an die Sporthochschule Köln verlagert und auch Kurz-Hospitanzen bei Werder Bremen, Inter Mailand oder Arsenal London stehen auf dem Plan. „Höchst seriös“ nennt DFB-Chefausbilder Erich Rutemöller das Lehrgängchen, das normalerweise zehn Monate dauert und das für Matthäus wegen seiner „außergewöhnlichen Verdienste“ konstruiert worden ist. Aber, darauf wies Rutemöller mit Blick auf die ständige Uefa-Beaufsichtigung hin: Die Einzelschulung sei „sicher härter“ als die übliche. „Bei 30 Teilnehmern kann man schon mal untertauchen.“ Mal schauen, was Matthäus macht aus seinem Neuanfang. Morgen steht Sportphysiologie auf dem Programm, am Mittwoch Rollenspiel. Wobei das mit den Einzel- und Gruppengesprächen ja jetzt schon weit besser klappt als früher. MAX HÄGLER

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