SPD und Linke nähern sich an

BERLIN taz ■ Ist die SPD dabei, die für sie unselige Debatte über Wortbruch und Kurt Beck zu beenden? Oder erleben wir gerade nur das Atemholen für die nächste Runde? Zweierlei weist darauf hin, dass sich die Lage in der Partei eher wieder beruhigt. Auch der konservative Seeheimer Kreis hat akzeptiert, dass die Landesverbände der SPD wieder eigenständig über Koalitionen mit der Linkspartei entscheiden – und stützt damit den Kern des neuen Kurses. Und: Die Argumente wiederholen sich mittlerweile.

Der Parteivorsitzende Kurt Beck stellte sich am Dienstagabend der Kritik der Bundestagsfraktion. Es gab eine teilweise heftig geführte Debatte. Laut wurden der ehemalige Sprecher der Seeheimer, Gerd Andres, der von Beck den Verzicht auf die Kanzlerkandidatur fordert, und der SPD-Linke Hermann Scheer, der das Vorgehen in Hessen verteidigt. Mehrere Abgeordnete warfen Beck vor, dass er den Kurs gegenüber der Linkspartei eigenmächtig und ohne Debatte geändert habe. Beck konterte mit dem Satz, dass es immer „Geruckel gibt, wenn man die Strategie wechselt“. Allerdings habe, wie der Parlamentarier Hans-Peter Bartels der taz berichtete, Beck mit seinen „zentristischen Positionen“ auch den Beifall aller Flügel bekommen.

Becks Linie scheint aus zweierlei zu bestehen. Erstens: Fehler zugeben. So räumte er ein, dass es falsch war, 2006 gegen Franz Münteferings Widerstand die SPD im Westen auf eine kategorisches Nein zur Linkspartei verpflichtet zu haben. Zweitens versucht Beck den noch brodelnden Unmut in Richtung Hessen zu lenken. Unter dem Beifall der Fraktion verteidigte er die hessische SPD-Abgeordnete Dagmar Metzger und kanzelte offenbar die dortige SPD-Chefin Andrea Ypsilanti ab.

Deprimierend sind derzeit die Umfrageergebnisse für die Sozialdemokraten. SPD und Linke nähern sich rapide an. Laut Forsa kommt die SPD nur noch auf 23 Prozent, die Linkspartei auf 14, die Union auf 38, die FDP auf 10; die Grünen bekommen 11 Prozent. Dennoch bleiben die Lager – Rot-Rot-Grün hier, Union und FDP dort – erstaunlich konstant. Die SPD-Krise scheint vor allem der Linkspartei zugutezukommen.

Emnid-Chef Klaus-Peter Schöppner sagt der taz, für die SPD sei der Boden erreicht. Viel mehr könne sie nicht mehr verlieren, weil sie derzeit kaum noch Wechselwähler binde. STEFAN REINECKE