Ausgesprochen unfassbar

Der Irakkrieg jährt sich zum fünften Mal: das Radiofeature „Bagdad Blues“ und die CNN-Doku „Through Their Eyes“

„Bagdad Blues“, Radio WDR 5, So., 11.05 Uhr, Mo., 20.05 Uhr

„People are dying. That’s it.“ Der 31-jährige Iraker hat mehrere Kriege überlebt. Er ist Tod, Verletzte, Hunger gewohnt. Er lebt in der Nähe des Bagdader Flughafens, einem Bombenziel der Amerikaner, die am 20. März 2003 ihren Krieg gegen den Irak begannen. Seither hat sich vieles verändert: Nach der Diktatur kam die Besatzung. Und nach Saddam Hussein ist nun George W. Bush der Feind der meistenIraker.

ARD-Korrespondent Björn Blaschke hat in einer Langzeitstudie die Entwicklungen beobachtet. Er begleitet fünf Menschen und zeigt, wie unerträglich die Lage ist. Die Tanzlehrerin, die bei einem Kindergeburtstag miterleben muss, wie die Frau eines Cousins von islamistischen Hardlinern mit einem Kopfschuss getötet wird. Oder die junge Journalistin, die sich für Frauenrechte einsetzt. Blaschke ist dabei, als Hunderte von Irakern ein Massengrab durchwühlen und Skelettreste und Haarbüschel finden. „Manches ist unbeschreibbar, alles ist unfassbar,“ so Blaschke. Sein Material collagiert er mit O-Tönen der US-Propaganda und aus Medienberichten. Der Sinn der US-Invasion wird ad absurdum geführt – ohne dass der Autor es ausspricht. Die Schicksale der Menschen stehen für sich, stärker als jeder Kommentar. JH

„Through Their Eyes“, CNN, Sa., 17 Uhr, So., 22 Uhr

Wie leben eine Kinderärztin, eine Prostituierte, die Ehefrau eines Widerstandskämpfers im Irak? Die Journalistin Arwa Damon hat verschiedene Frauen getroffen und will „Throuh Their Eyes“ das Leben im Kriegsgebiet schildern.

Über die reißerische Aufmachung („ihre Geschichte zu erzählen könnte für sie schon den Tod bedeuten“), die Dudelmusik und die Nahaufnahmen von weinenden Frauen kann man dabei hinwegsehen, denn darüber hinaus erzählt der Film interessante Geschichten. Etwa die der jungen Samar, die unschuldig im Todestrakt des Frauengefängnisses auf ihre Hinrichtung wartet, oder die der 14-jährigen Wurud, die mit ihrem Laptop über Myspace chattet, von Britney Spears erzählt – und ganz nebenbei auch von Bombenangriffen.

Es gibt beeindruckende Bilder, teilweise von den Protagonistinnen selbst gedreht. Aber Damon lässt sie nicht sprechen, sondern kommentiert ständig selbst. Da sieht man Kinder im Müll spielen und anschließend die wohlhabende Bagdader Oberschicht im nahen Freizeitbad planschen, und dass dann mal wieder Damon eingeblendet wird, im schicken Kostüm in irgendeinem Studio sitzend, die sagt: „Es ist ein Land voller Kontraste“, ist überflüssig und nervig. Viele beeindruckende Frauen – und zu viel Damon. LST