dirk heinen
: Der Hirte hält

Eine Belobigung hat Thomas Schlieck noch nicht erhalten. Verdient hätte sie Arminias Torwarttrainer, denn er hatte die geniale Idee, Dirk Heinen zu reaktivieren und damit den gefüllten Anekdoten-Fundus der Bundesliga um eine schöne Geschichte zu bereichern. Eigentlich hatte sich der 37-Jährige nach der letzten Saison, in der er als Reservetorhüter des VfB Stuttgart die Meisterschale halten durfte, in den Vorruhestand verabschiedet. Fortan wolle er mit seiner irischen Frau Sandra und zwei Kindern sein Glück auf der Grünen Insel suchen: bei Cork.

Zu seinem neuen Lebensinhalt hatte der Keeper fortan das Züchten von Schafen erhoben. Doch es ist anders gekommen, weil Schlieck so gute Kontakte hat. Ende Januar war Heinen als Torhüter im Wartestand erstmals auf der Bank im Einsatz, weil sich Bielefelds südafrikanischer Ersatztorhüter Rowen Fernandez beim Afrikacup einen Finger gebrochen hatte. Am Samstag in Hannover stand der rheinische Junge, der seine Karriere bei Rot-Weiß Köln-Zollstock begonnen hatte, wieder zwischen den Pfosten. Und das kam so: Fänger Nummer eins, Matthias Hain, fiel mit angebrochener Rippe aus, Fernandez musste in Hannover nach wenigen Minuten wegen einer lädierten Schulter passen – und so schlug beim 2:2 in Hannover die große Stunde eines Spätberufenen: Heinen ging ins Tor und parierte fortan prächtig. Die Paraden gegen Balitsch, Bruggink und Stajner waren allesamt außergewöhnlich; Heinens 157. Ligaspiel gehört zu seinen besten. „Schafhirte bringt Hannovers Stürmer zur Verzweiflung“ – was für eine herrliche Schlagzeile. Tatsächlich ist diese Geschichte ungewöhnlich: Mittwochs wurde Heinen angefordert, weil sich Hain verletzt hatte, donnerstags bestieg er den Flieger, absolvierte freitags das Abschlusstraining, um samstags zu brillieren. „Vorgestern war er noch bei seiner Schafherde in Irland“, wunderte sich Arminias Trainer Frontzeck, „und heute war er von null auf hundert voll da.“ Natürlich war Heinen hernach der gefeierte Held, der sichtlich Spaß daran hatte, die Legendenbildung zu befeuern. Er habe sich im heimischen Garten mit seinem zehnjährigen Sohn fit gehalten, berichtete er grinsend: „Der Junge hat einen ganz schön strammen Schuss.“

FELIX MEININGHAUS