KUNSTRUNDGANG
: Andrea Edlinger schaut sich in den Galerien von Berlin um

Shara Hughes’ Arbeiten sind kunterbunt, die Größenverhältnisse stimmen nicht und auch die Perspektiven sind schief – ganz so wie in Kinderzeichnungen. Hughes’ Arbeiten, die Teil der Gruppenausstellung „Living in a box“ bei Mikael Andersen sind, stammen alle aus dem Jahr 2006 und bilden ausnahmslos Interieurs ab. Und obwohl darin keine Menschen vorkommen, sind diese Zeichnungen doch äußerst lebendig. Auf dem Bild mit dem Titel „My Chair“ türmt sich neben dem blau-weiß gestreiften Sessel ein bunter Flickenteppich. In „Happy Valentine’s Day“ purzeln Möbelstücke in gleich zwei Perspektiven, aus Frontalansicht und Aufsicht, durcheinander, als seien die Gesetze der Schwerkraft aufgehoben. Auch Badezimmer haben es der in New York lebenden Künstlerin angetan. Auffällig an Shara Hughes’ wunderbar naiv gezeichneten Nasszellen sind die Bodenfliesen, die sich spinnennetzartig oder in kleinen Karos ausbreiten. Und wie jede Kinderzeichnung etwas über die Welt der Erwachsenen aussagt, so lassen einen Shara Hughes’ Arbeiten plötzlich über die eigene Inneneinrichtung nachdenken.

Kaum weniger absurd sind die grellfarbigen, wandfüllenden Gemälde von Lisa Endriss in der Galerie Laura Mars. Die 61-jährige deutsche Künstlerin malt Wrestling-Kampfszenen, einen Mann, der mit einem Tiger in seinem Bett kuschelt, einen anderen, der den Hals seines Krokodils umschlingt. Dabei sind ihre Bilder Ergebnis der Auseinandersetzung mit Ernst Jünger, der die Theorie aufstellte, dass der Bürger die Sicherheit als den höchsten Wert ansieht. Lisa Endriss malt jene Momente, in denen die Sicherheit ins Wanken gerät, das Spektakuläre in der Katastrophe enden kann: die unkontrollierte Gewalt der Wrestlings, das Pfötchengeben des Tigers, das Stillhalten des Krokodils bei der Umarmung. Schrecken und Schönheit liegen eng beieinander.

Living in a box, bis 26. April, Di.–Sa. 12–18 Uhr, Galerie Mikael Andersen, Auguststr. 50 b

Lisa Endriss: „Odd Stage“, bis 19. April, Di.–Fr. 13–19 Uhr, Sa. 12–16 Uhr, Galerie Laura Mars, Sorauer Str. 3