Ästhetische Querelen im Sender

Den Intendanten des Senders stören die RaucherInnen vor dem neuen Gebäude. Sie trügen nicht zu einer „optimalen Adressbildung“ bei. Doch das Gebäude ist rauchfrei und der Personalrat will keine Ausnahmen für Raucherkabinen

Ein Rauchverbot sorgt bei Radio Bremen für dicke Luft. Weil das neue Gebäude im Faulenquartier nikotinfrei bleiben sollte, gehen die RaucherInnen vor die Tür. Das wiederum missfiel dem Intendanten Heinz Glässgen, der sich um das Erscheinungsbild des Senders sorgt. Ihn stören die Kippen und die RaucherInnen, „die sich manchmal etwas verschämt und vermutlich mit entsprechendem Gewissen im Eingangsbereich konzentrieren“. Diese trügen „wohl selbst nach eigenem Urteil nicht unbedingt zu einer optimalen Adressbildung und einer vorzeigbaren Eingangssituation bei“, schreibt Glässgen in einer Hausmitteilung von vergangener Woche.

Um sein Bedürfnis nach „optimaler Adressbildung“ mit denen der RaucherInnen zu vereinen, schlug Glässgen Raucherkabinen vor. Diese sind offen, mit einer Abzugshaube, und würden „den Rauchern einen auch ästhetisch akzeptablen Platz einräumen“. Drei Monate lang sollten drei davon im Haus aufgestellt werden, auf Probe.

Die Miete für die Raucherkabinen richtet sich nach der Anzahl der gerauchten Zigaretten. Das Unternehmen Smoke Free Systems rechnet mit 70 Cent bis einem Euro pro Tag und Raucher, etwa ein Drittel der MitarbeiterInnen eines Unternehmens, so schätzt ein Sprecher, rauchen. Radio Bremen hat rund 400 MitarbeiterInnen.

Doch daraus wird erst einmal nichts, da laut Glässgen der Personalrat hätte zustimmen müssen – und der wollte nicht. Stattdessen habe dieser vorgeschlagen, so zitiert Glässgen, dass er die MitarbeiterInnen zur Teilnahme an „Raucherentwöhnungsprogrammen“ auffordert.

Der Personalrat wollte gestern nicht viel zu der Angelegenheit sagen, nur: „Wir haben das abgelehnt, weil es aus unserer Sicht ein Rückschritt gewesen wäre“, so die Personalrätin Natalie Schleufer. „Das Gebäude sollte rauchfrei sein, es ist uns unverständlich, warum das wieder aufgehoben werden soll.“

Solange der Streit um die Kabinen nicht behoben ist, müssen die RaucherInnen weiter vor die Tür treten. Der Haupteingang soll aber tabu sein, Glässgen hat die Empfangs-MitarbeiterInnen aufgefordert, rauchende KollegInnen „dort abzuweisen“.

Ein anderer Konflikt im Sender hat sich derweil aufgelöst. Im Weser Kurier hatte der Autor einer Mittagstisch-Kolumne MitarbeiterInnen zitiert, denen die Portionen in der neuen Kantine als zu klein erschienen. Glässgen schreibt in einer weiteren Hausmitteilung, er sei der Sache umgehend nachgegangen. Das Ergebnis der Recherche: Die Portionen sind kleiner. Weil „relativ häufig“ etwas zurück gegeben worden sei und aus „ästhetischen Gründen“. Dennoch könne jeder essen, so viel er wolle, versichert Glässgen: Es gebe das „Recht auf Nachschlag“. Das hätten die mosernden MitarbeiterInnen „unterschlagen“. eib