Körperliche Spuren des Krieges

Hamburger Ärzte erforschen die Spätfolgen traumatischer Erlebnisse – an ehemaligen Vertriebenen

Die körperlichen und seelischen Spätfolgen von Kriegstraumata will jetzt ein Projekt am Universitätsklinikum in Hamburg-Eppendorf (UKE) untersuchen. Unter den Patienten der dort ansässigen Flüchtlingsambulanz fänden sich immer wieder auch ehemalige Flüchtlinge aus den früheren deutschen Gebieten Ostpreußen, Pommern und Schlesien, sagt Projektleiter Dr. Christoph Muhtz. Viele von ihnen hätten bis heute die Jahrzehnte zurück liegenden traumatischen Erlebnisse nicht verarbeitet.

Eine der häufigsten Folgeerkrankungen solcher Erfahrungen ist die so genannte Postraumatischen Belastungsstörung. Daneben treten Muhtz zufolge bei diesen Patienten auch altersbedingte Krankheiten wie Bluthochdruck, Diabetes und Übergewicht weitaus häufiger auf als bei Gleichaltrigen.

Muhtz vermutet, dass die Patientengruppe außerdem öfter von Herzinfarkten und Schlaganfällen betroffen ist: „Es gibt Hinweise darauf, dass sich bei Menschen, die traumatischem Stress ausgesetzt waren, die Stresshormonregulation verändert hat.“ Dieses Phänomen treffe man auch bei Depressiven an.

Das sechsköpfige Projektteam an dem Hamburger Klinikum will bis zum Endes des Jahres per Fragebogen rund 1.000 Betroffene nach ihrem Gesundheitszustand befragen und einige von ihnen auch zu Untersuchungen einladen. Überprüft werden solle außerdem, ob die Nachkommen der ehemaligen Flüchtlinge deren möglicherweise veränderte Regulierung von Stresshormonen weitervererbt bekommen haben.

Sollten sich die Vermutungen der Ärzte bestätigen, müsse in weiteren Forschungsprojekten überprüft werden, ob sich die körperlichen Spätfolgen durch eine frühzeitige Therapie verhindern ließen, fordert Muhtz. Er habe an der Hamburger Klinik viele Flüchtlinge aus Bosnien und Afghanistan behandelt, sagt er. „Ob eine erfolgreiche Therapie aber auch die Spätfolgen von traumatischem Stress verhindert, ist nicht klar.“ ALW