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Zugluft von unten

Bremen erkämpft sich beim Abstiegskandidaten Arminia Bielefeld ein 1 : 1. Allein der wiedergenesene Torsten Frings gab Anlass zur Hoffnung in einem Spiel, in dem den Bremern wenig glückte

Von HOLGER PAULER

Werder-Trainer Thomas Schaaf setzte nach dem 1 : 1 beim Abstiegskandidaten Arminia Bielefeld seine Analytiker-Maske auf. Im ruhigen, fast stoischen Ton gab er sein aus der laufenden Saison bekanntes Mantra von sich: „Wir sind nicht zufrieden. Es hat sich wieder fortgesetzt, was schon in den letzten Wochen passiert ist. Wir betreiben unheimlich großen Aufwand und haben keinen Ertrag.“ Naja, heute hatten sie wenigstens „ein bisschen Ertrag“, wie Schaaf süffisant anfügte. Dennoch waren es wieder zwei verlorene Punkte.

Wofür der eine Punkt in der Abrechnung gut ist, weiß derzeit niemand. Die Meisterschaft ist für Werder Bremen spätestens seit der Heimniederlage gegen den VfL Wolfsburg kein Thema mehr. Seit dem Osterwochenende müssen die Bremer aber nicht nur um die Champions League bangen, sogar die Qualifikation für den nicht wirklich populären Uefa-Cup steht auf dem Spiel. Der Vorsprung auf Rang sechs beträgt nur noch drei Punkte.

Auch Manager Klaus Allofs ist sich der Bedrohung bewusst. Bereits in der Halbzeitpause übte er Kritik – aufgeregter als der Chefcoach und wesentlich direkter: „Wenn man so spielt, braucht man nicht in der Champions League zu spielen.“ Es genügte dabei schon das Aufzählen der Namen von „Wiese, Rosenberg, Almeida …“, um zu erahnen, was Allofs meinte. Allein Markus Rosenberg hatte jeweils eine Einfach- und eine Doppel-Chance, um schon vor der Pause zu treffen. Zur Halbzeit wurden er und sein harmloser Angriffspartner Hugo Almeida durch Ivan Klasnic und Boubacar Sanogo ersetzt. Torhüter Tim Wiese durfte bleiben, obwohl er beim Bielefelder 1 : 0 mal wieder nicht glücklich aussah.

Das Spiel war nur ein weiterer Beleg dafür, dass Werder Bremen in der laufenden Saison so ziemlich alles abhanden gekommen ist, was den Verein in den vergangenen Jahren ausgezeichnet hat: Konstanz, Dominanz und vor allem jede Menge Tore. Selbst die Erinnerungen an das fulminante Hinspiel waren nach dem Schlusspfiff wie weggeblasen. Damals im Herbst hatte Werder Bremen die hilflosen Gäste aus Bielefeld mit 8 : 1 nach Hause geschickt. Beim Rückspiel gelang den Bremern kein Treffer aus dem Spiel heraus – gegen ein Team, das in diesem Jahr noch kein einziges Spiel gewonnen hat und zu Hause tor- und punktlos geblieben ist. Ein Elfmeter von Diego in der 70. Minute sicherte schließlich den einen Punkt für Werder.

Die Bremer waren dabei nach vielen Wochen der Entbehrungen mit einem Großteil ihres Best-of-Mittelfelds angetreten. Lediglich Tim Borowski und Daniel Jensen mussten passen. Diego kam dagegen nach seiner Rotsperre zurück. Der Regisseur wurde allerdings vom Bielefelder Rüdiger Kauf in bewährter Bundesligamanier bearbeitet. Diego ließ sich nicht provozieren, der Spaß am Fußballspiel sank allerdings mit zunehmender Spieldauer. Die Zerstörungswut seiner Gegner und Schneefall zu Ostern sind keine guten Argumente für Diegos langfristigen Verbleib in Bundesliga. Vor allem nicht, wenn die Champions League-Qualifikation tatsächlich verpasst werden sollte.

Dass die Hoffnung nicht vollends vergebens ist, lag am überzeugenden Comeback von Torsten Frings. Nach fünf Monaten stand der Nationalspieler erstmals wieder in der Anfangself und hielt 79 Minuten durch. Trotz des unbefriedigenden Ergebnisses war er „froh, wieder dabei zu sein“. Frings gab sich nicht nur auf dem Platz kämpferischer als seine reichlich angeschlagen wirkenden Mitspieler. Auch hinterher gab er die Richtung vor: „Ich bin bereit voranzugehen. Wenn ich wieder bei 100 Prozent bin, können sich die anderen an mir aufrichten.“ Die Prozentzahl vom Wochenende reichte zumindest aus, um zu den besseren Bremern zu gehören. Was nicht wirklich für den Zustand der Rest-Werderaner spricht.

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